Zinni kommt wieder

Der Rückgang der Gewalt im Nahen Osten stärkt die Hoffnung auf neue diplomatische Bemühungen

JERUSALEM taz ■ Ministerpräsident Ariel Scharon hat gestern ein Versprechen gegenüber dem Rechtslager wahr gemacht und seine Opposition gegen einen Palästinenserstaat wiederholt. In der Kabinettssitzung wählte er die beschwichtigende Formulierung, die Kontakte von Außenminister Schimon Peres mit Palästinensern dienten lediglich einer Waffenruhe. Falls daraus politische Gespräche entstünden, werde er, Scharon, sie leiten.

Der rechte Koalitionspartner Nationale Union hatte ultimativ die Entlassung des Außenministers gefordert, weil er gegen den Beschluss verstoße, keine „Verhandlungen unter Feuer“ zu führen. Peres spannte dem Regierungschef ein Netz, indem er versicherte, er führe ausschließlich Gespräche über ein Ende von Terror und Gewalt.

Die Armee meldete am Sonntag, die bewaffneten Zwischenfälle in den besetzten Gebieten seien spürbar zurückgegangen. Am 16. Dezember hatte Jassir Arafat zur Waffenruhe aufgerufen und seine Sicherheitsdienste angewiesen, radikalislamische Organisationen zu zügeln. Seitdem haben nicht nur Hamas und Dschihad Anschläge in Israel eingestellt. Auch Attacken gegen Siedler und Besatzungstruppen gingen von rund dreißig auf etwa zehn am Tag zurück. Israel besteht nach außen hin jedoch weiter darauf, Arafats Bemühungen seien nur „kosmetisch“ und der Rückgang der Gewalt sei Resultat des entschlossenen Durchgreifens der Armee.

Das war die Botschaft, die Scharon dem US-Außenminister Colin Powell am Freitag telefonisch übermittelte. Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser, neuer Vorsitzender der Arbeitspartei, schloss sich Scharons Haltung an. Doch die USA scheinen die Waffenruhe für überzeugend genug zu halten, um Nahostvermittler Anthony Zinni diese Woche erneut in die Region zu schicken. Zinnis erste Vermittlungsrunde wurde abgebrochen, als ein opferreicher Anschlag auf einen Siedlerbus massive militärische Vergeltungsaktionen zur Folge hatte. Eine Rückkehr Zinnis würde nicht von allen Israelis begrüßt, weil sein letzter Aufenthalt von einem ungewöhnlichen Anstieg der Gewalt durch mehrere Selbstmordanschläge begleitet war.

Zinni soll vom stellvertretenden US-Außenminister William Burns begleitet werden. Wie der Rundfunk enthüllte, hatte Burns letzte Woche in Damaskus mit Syriens Präsident Baschar Assad über die Möglichkeit einer Wiederbelebung der israelisch-syrischen Verhandlungen gesprochen. Dabei soll Baschar Assad die Bereitschaft zur Wiederaufnahme von Gesprächen erklärt haben, die dort ansetzen könnten, wo sie unter seinem verstorbenen Vater Hafez Assad abbrachen. ANNE PONGER