Ökostromer sticht Eon-Konzern aus

Erste bayerische Kommune folgt nicht mehr blindlings dem Gemeindetag und schließt Vertrag mit LichtBlick ab

MÜNCHEN taz ■ Wenn in Bayern Gemeinde-, Städte- und Landkreistage mit dem Stromriesen Eon verhandeln, dann „sitzen die Amigos zusammen“, klagt der Sprecher des Hamburger Ökostromanbieters „LichtBlick“, Gero Lycking. Der aus dem Bayernwerk hervorgegangene Platzhirsch Eon Bayern sei mit den Spitzenverbänden der Kommunen personell eng verflochten. Die Partner schlossen im Oktober einen Rahmenvertrag über Stromlieferungen an Einrichtungen wie Schulen, Kläranlagen und Straßenbeleuchtung. Der Strompreis stieg für 2002 und 2003 „um lediglich moderate 9,8 Prozent“ gegenüber dem alten Zweijahresvertrag, jubelten die Interessenvertreter der Bürgermeister und empfohlen ihren über 2.000 Mitgliedern, ihre Verträge mit Eon zu verlängern.

Doch jetzt wird es peinlich für Eon und die Spitzenverbände: Der oberfränkische Landkreis Kulmbach holte auf Initiative der Grünen über eine Energieagentur andere Angebote ein und rechnete nach. Ergebnis: Eon ist mit 320.000 Mark pro Jahr für die 25 öffentlichen Gebäude bis zu 5.000 Mark teurer als der Ökostrom von „LichtBlick“. Der CSU-dominierte Kreisausschuss beschloss daher einstimmig, ab Februar Eon aus seinem Netz zu schmeißen und zu den Hamburgern zu wechseln.

Der Landkreis in Oberfranken ist nach dem Hamburger Bezirksamt Bergedorf erst die zweite deutsche Kommune, die ihren Strom beim Händler „LichtBlick“ bezieht. Das Unternehmen bietet Ökostrom vor allem von österreichischen Wasserkraftwerken an und gehört zu 65 Prozent der Kölner Bank Sal. Oppenheim.

Dass die kommunalen Spitzenverbände ihren Mitgliedern zu ungünstigen Verträgen raten, ist schnell zu erklären. Sie holten nämlich gar kein Angebot von „LichtBlick“ ein. Nachdem andere Stromfirmen abgewunken hätten, habe nur die deutsche Stadtwerke-Allianz „Citiworks“ mit Eon konkurriert, erklärt der Gemeindetag, der die Verhandlungen führte. Pressesprecher Wielfried Schober betont aber: „Wir sind mit Eon nicht verbandelt.“ Man habe erhebliche Bedenken gegen den Energiekonzern, weil dieser wegen einer Gesetzesänderung keine Gewerbesteuer in Bayern zahle und dieses Jahr sogar Vorauszahlungen zurückfordere. Schober freut sich, dass „ein Mitglied der kommunalen Familie einen günstigeren Anbieter gefunden hat“. Das erhöhe den Druck auf Eon und stärke die Position der Kommunen. Nun will der Gemeindetag noch mal mit seinem Vertragspartner sprechen. „Wir wünschen uns eine Best-Abrechnung“, sagt Umwelt- und Energiereferent Werner Schmid.

In Kulmbach gibt Eon nun einen schlechten Verlierer ab: Für die Übergangszeit im Januar verlangt der Exmonopolist als „Notversorgung“ zusätzlich 14.000 Mark. Somit käme dem Landkreis der minimale Preisvorteil von „LichtBlick“ am Ende teuer zu stehen. Der oberfränkische Eon-Chef Rolf Wutschka sagt lapidar: Er könne in der Unterbrechung der guten Partnerschaft sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich „keinen Vorteil für den Landkreis erkennen“. Besonders sauer ist Wutschka, weil der Konzern dem Kulmbacher Landratsamt eine 40.000 Mark teure Photovoltaikanlage geschenkt hat.

Bisher verkauft die Eon Bayern AG an 1.500 Gemeinden und Landkreise pro Jahr eine Milliarde Kilowattstunden für öffentliche Gebäude, das sind knapp drei Prozent des Stromabsatzes. Zum Jahresende liefen alle Verträge aus. Über 90 Prozent der Kommunen verlängerten nach Angaben des Exmonopolisten bereits die Geschäftsbeziehung. Für Eon bleibt Kulmbach allerdings nicht wie gehofft ein Einzelfall. Auch der oberbayerische Landkreis Ebersberg entschied jetzt, zur Konkurrenz zu wechseln. OLIVER HINZ