Castor-Stopper zieht vors BVG

■ Der Bremer Castor-Gegner Bernhard Stoevesandt will sich nicht so einfach wegen „Nötigung“ verurteilen lassen. Nun soll das Bundesverfassungsgericht den Fall abschließend klären

60 Tagessätze soll der Bremer Atomkraftgegner Bernhard Stoevesandt zahlen, weil er sich im Frühjahr 1998 an die Schienen kettete, um den Castor-Zug nach Ahaus aufzuhalten. Jetzt legte Stoevesandt Verfassungsbeschwerde ein. Denn das Oberlandesgericht Hamm hatte im Februar seine Revision als „offensichtlich unbegründet“ verworfen – und sparte sich selbst die Begründung.

Stoevesandt will das nicht auf sich sitzen lassen. „Die Richter hätten wenigstens begründen müssen, warum sie die Revision ablehnen“, regt sich Hans Meyer-Mews, der Pflichtverteidiger von Stoevesandt, über die „Orgelpfeifen“ in Hamm auf. Er vermutet politische Motive hinter der Entscheidung: „Das hat ja einen Grund, dass es nicht begründet worden ist.“

Mit einer ganzen Latte von Vorwürfen nämlich hatte der Rechtsanwalt das zuvor ergangene Urteil des Landgerichts Münster angegriffen. So könne man nur bei einem „verwerflichen“ Verhalten von „Nötigung“ sprechen. Dies sei im Falle der Ankett-Aktion Stoevesandts aber nicht der Fall gewesen. Dieser habe zudem den Atommüll-Zug nur „unwesentlich“ aufgehalten. Meyer-Mews: „Das ist keine Nötigung.“

Mit Hilfe des Verfassungsgerichts will der Rechtsanwalt den Richtern in Hamm nun „eins vor den Koffer geben“. Denn wenn diese ihr Urteil hätten begründen müssen, so ist er sich sicher, hätten sie die Revision nicht so leicht ablehnen können. Letztlich spekulieren Stoevesandt und sein Anwalt darauf, dass das ganze Verfahren ans Landgericht zurückverwiesen wird – zur Neuverhandlung.

Aufschiebende Wirkung hat die Verfassungsbeschwerde des Cas-tor-Gegners indessen nicht. Für Stoevesand bedeutet dies, dass er nicht nur die Geldstrafe in Höhe von 1.200 Mark, sondern auch die Gerichtskosten bezahlen muss. Die belaufen sich mit 10.800 Mark auf das Neunfache der Strafe. Stoevesandt fühlt sich ungerecht behandelt. Denn das Berufungsgericht habe zwar das Urteil des Amtsgerichts Ahaus abgeändert und den ursprünglich zusätzlich enthaltenen Vorwurf der „Sachbeschädigung“ fallen gelassen. Das Strafmaß von 60 Tagessätzen aber habe es beibehalten. Die Folge: Stoevesandt muss nicht nur die Kosten für die erste Instanz, sondern auch für den achttägigen Berufungsprozess alleine tragen. Die dicke Rechnung flatterte dem Atomkraftgegner Ende November ins Haus.

Weil die Polizei nicht nur das Eisenrohr, mit dem sich Stoevesandt an die Schiene gekettet hatte, sondern gleich die ganze Schiene aufsägte, um dem Atommüll-Zug den Weg zu bahnen, stellte die Bahn AG dem Physiker zudem noch die Reparatur der Gleise samt den Kos-ten des zivilrechtlichen Verfahrens in Rechnung, zusammen weitere 14.000 Mark. Trainstopper Stoevesandt bereut seine Aktion trotzdem nicht. „Kein Mensch weiß, was mit dem Atommüll passieren soll.“ Der strahle Zigtausende von Jahren und verseuche Menschen und Umwelt. „Dagegen wehre ich mich und werde es auch weiterhin tun.“

Bernhard Stoevesand ist überzeugt, dass viele Menschen gewaltfreie Aktionen gegen Atomkraft richtig und notwendig finden. Und Geldstrafen, so ist sich der Castor-Blockierer sicher, würden immer von vielen solidarisch getragen

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