Grüne werden Hamburger

Fraktionschefin Klotz will wie in der Hansestadt die Trennung von Amt und Mandat im Berliner Landesverband beenden. Landesvorsitzende Michalik verlangt dagegen Aufwertung der Parteiarbeit

von ANDREAS SPANNBAUER

Die Grünen streiten nun auch in Berlin um die Aufhebung der Trennung von Amt und Mandat. Die Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz sprach sich am Donnerstag für ein Ende der Regelung aus, nach der Spitzenpolitiker der Partei nicht zugleich Abgeordnete sein dürfen. Dies könnte sich der Landesverband angesichts der „dünnen Personaldecke“ nicht mehr leisten.

Mit dieser Forderung stellt Klotz eine Grundposition der Partei in Frage. Die Trennung von Amt und Mandat war eingeführt worden, um eine Machtkonzentration in den Händen Einzelner zu verhindern. Diese war mit den basisdemokratischen Vorstellungen aus den Anfangszeiten der Partei nicht vereinbar. Auf Bundesebene ist die Regel nach wie vor gültig. Als erster grüner Landesverband hatte Hamburg im Dezember 2001 die Trennung von Amt und Mandat abgeschafft. Zu den Befürwortern einer Strukturreform auf Bundesebene zählen unter anderem Joschka Fischer, Fritz Kuhn oder Renate Künast.

Auch Klotz will nun in Berlin „Wahlmöglichkeiten schaffen, den Personenkreis für die Führungsaufgaben zu erweitern“. Für die Grünen gehe es in den nächsten Jahren „um die Wurst“. An der Doppelspitze und der Quotierung will sie dagegen festhalten. Diese hätten sich bewährt, weil sie Frauen den Zugang zu Spitzenämtern und Mandaten erleichtern.

Noch vor zwei Jahren war die heutige Verbraucherschutzministerin Künast mit einer Abschaffung der Trennung von Amt und Mandat am Landesverband gescheitert. Damals wollte Künast bei ihrer Kandidatur für den Bundesvorsitz ihr Mandat im Abgeordnetenhaus behalten. Auch Sibyll Klotz rechnet nun in den eigenen Reihen mit einer „heftigen Diskussion“.

Erste ablehnende Stimmen werden im Landesverband bereits laut. Die Befürworter der Prinzipien aus Gründerzeiten fürchten eine Vernachlässigung der Parteiarbeit, falls grüne Spitzenfunktionäre künftig gleichzeitig im Parlament sitzen sollten. Für Regina Michalik, Landesvorstandssprecherin der Partei, garantiert die Regelung zudem „eine distanziertere Perspektive auf das Alltagsgeschäft“. Sie sieht die Ursache für die magere Personalausstattung vielmehr in einer „fehlenden Anerkennung der Parteiarbeit“.

Michalik fordert daher eine verstärkte Nachwuchsförderung. Sie gesteht jedoch zu, es sei „ein Problem für unbekannte Leute in Spitzenfunktionen, in der Öffentlichkeit präsent zu werden“. Eine Strukturreform löse jedoch „keines der Probleme“, kritisiert die Landeschefin. Sie sieht „keinen Bedarf, dies zu diskutieren“.

Möglicherweise könnte der Vorstoß von Klotz, die sich erneut um das Amt der Fraktionsvorsitzenden bewerben will, noch im Januar erstmals zur Sprache kommen. Am 19. Januar wollen die Grünen auf einer Mitgliederversammlung die Listenplätze für die Bundestagswahl vergeben. Dann könnte auch über eine Strukturreform diskutiert werden. Eine Entscheidung steht frühestens auf einer Landesdelegiertenkonferenz im April bevor.

Änderungen der Landessatzung setzen einen Parteitagsbeschluss mit einer Zweidrittelmehrheit voraus. Auch Landeschefin Michalik schloss nicht aus, dass sich die Mehrheiten im Landesverband zugunsten einer Abschaffung der Trennung von Amt und Mandat geändert haben könnten.