Bürgerliche Notwehr nicht nötig

Keine Ampel: FDP-Chef Westerwelle schließt Bündnis mit Grünen auf Bundesebene aus. Die Liberalen verzichten im Wahljahr auf eine Koalitionsaussage zugunsten von SPD oder CDU. 18 Prozent? „realistisch“. Merkel oder Stoiber? Beide „gleich lieb“

von BETTINA GAUS

„Ich mache keine Ampel. Meine Partei macht keine Ampel.“ Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle hat gestern eine Koalition aus SPD, Grünen und Liberalen auf Bundesebene ausdrücklich ausgeschlossen: Die FDP stehe dafür nicht zur Verfügung, sagte er vor Journalisten in Berlin.

„Die Grünen müssen raus aus der Regierung. Sie schaden diesem Land“, erklärte Westerwelle. Die – gescheiterten – Ampelverhandlungen in Berlin seien vor dem Hintergrund einer ganz besonderen Situation geführt worden. Westerwelle zufolge handelte es sich dabei um einen „Akt der Notwehr der bürgerlichen Mitte gegen eine Regierungsbeteiligung der PDS in der deutschen Hauptstadt“.

Kurz vor dem Dreikönigstreffen seiner Partei bekräftigte der FDP-Vorsitzende ein weiteres Mal die „Unabhängigkeitsstrategie“ der Liberalen, also den Verzicht auf eine Koalitionsaussage zugunsten einer der beiden Volksparteien. Westerwelle kündigte an, daß am 8. September in Berlin der Wahlaufruf der FDP beschlossen werden soll, der die „Prüfsteine“ für Koalitionsverhandlungen enthalten wird. Das Ziel einer Regierungsbeteiligung der Liberalen sei „zum Greifen nahe“.

Das angestrebte Wahlergebnis der FDP von 18 Prozent der Stimmen nannte Westerwelle „nicht nur strategisch richtig, sondern auch realistisch.“ Bei der Bundestagswahl 1998 hatte die FDP 6,2 Prozent geholt. Jetzt werde der Anteil der FDP-Wähler in Umfragen auf bis zu zwölf Prozent geschätzt. Dies sei eine gute Basis. Der FDP-Vorsitzende und seine Generalsekretärin Cornelia Pieper zeigten sich betont optimistisch. „Das letzte Jahr ist für die FDP das erfolgreichste Jahr seit der deutschen Einheit gewesen,“ erklärte Westerwelle und freute sich besonders darüber, dass die Liberalen in den letzten zwölf Monaten 5.579 neue Mitglieder gewinnen konnten – somit ist die FDP derzeit die einzige bundesweite Partei mit realem Mitgliederzuwachs.

Cornelia Pieper listete akribisch alle Wahlerfolge auf kommunaler und landespolitischer Ebene auf und scheute auch vor etwas bemüht wirkenden Rekordmeldungen nicht zurück: In Baden-Württemberg habe die FDP „ihr zweitbestes Ergebnis seit 1980“ erreicht. Das Wahlprogramm der Partei soll im Mai auf einem Bundesparteitag in Mannheim verabschiedet werden. Schon jetzt kündigte Westerwelle an, dass die Themen Bildung, Mobilität in der Informationsgesellschaft und Wirtschaftspolitik die Schwerpunkte des Wahlkampfs bilden werden.

Den Kandidatenstreit in der Union erklärte der FDP-Chef zu einer Richtungsentscheidung: Edmund Stoiber stehe mehr für eine konservative, Angela Merkel mehr für eine sozialdemokratische Richtung. Seiner Partei seien aber beide Kandidaten „gleich lieb“. Westerwelle nutzte außerdem die Gelegenheit, vor einer rot-roten Koalition auf Bundesebene zu warnen. Er sieht in dem angestrebten Bündnis zwischen SPD und PDS in Berlin „eine Experimentierbühne für Schröder im Bund.“ Die PDS solle „eine ernsthafte Option“ für die SPD werden: „Das gilt es zu verhindern.“