Der Euro überholt die Mark

Wegen der hohen Bargeldnachfrage gewährt Zentralbank Sonderkredite. In Frankreich und Spanien wird das Kleingeld knapp. Der Euro-Kurs ist im Verhältnis zum Dollar dennoch wieder gesunken

BERLIN afp/taz/dpa ■ Nur vier Tage hat es gedauert: Der Euro hat die D-Mark schon eingeholt. „Es ist ganz klar: Seit gestern hat der Euro beim Einkauf die Oberhand“, sagte Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des Deutschen Einzelhandels gestern. Die Mark werde damit bei den Händlern zum Auslaufmodell, das aber weiterhin gern und auf jeden Fall bis Ende Februar angenommen werde.

Wegen der großen Nachfrage nach Euros pumpt die Europäische Zentralbank (EZB) mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf. Die EZB teilte gestern mit, sie leihe den Geschäftsbanken kurzfristig zusätzliche 25 Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 3,3 Prozent.

An den Devisenmärkten dauerte die „Europhorie“ indes nur einen Tag. Am Donnerstag hatte der Kurs des Euro noch über 90 Cents gelegen, was der problemlosen Euroumstellung zugeschrieben wurde. Gestern Mittag kostete ein Euro dann nur noch 89,63 US Cents. Analysten vermuten, dass viele Händler zu dem gestiegenen Kurs Euro verkauft hätten und damit den Kurs wieder geschwächt hätten. Auch seien manche Börsianer enttäuscht gewesen, dass die EZB keinerlei Hinweis auf eine mögliche Zinssenkung gegeben hätte.

Unterdessen wurde eine Euro-Panne bei der Deutschen Bank 24 bekannt: Viele Kunden hatten am Neujahrstag die ersten Euros aus den Geldautomaten gezogen und die Bank buchte ihnen den 1,95 fachen Betrag von den Konten ab – in Euro. „Inzwischen wurde der Fehler behoben, das Geld wurde bereits zurücküberwiesen“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank 24. Auf den Kontoauszügen soll die Korrektur allerdings erst heute auftauchen.

Eine Panne passierte auch der Stadt Rendsburg in Schleswig-Holstein: Weil die Verwaltung es nicht rechtzeitig schaffte, die Parkuhren auf Euro umzurüsten, dürfen Autofahrer in Rendsburg noch bis Dienstag umsonst parken. Das Bau- und Umweltamt der Stadterklärte gestern, für die Umstellung benötigte Automatenteile seien nicht rechtzeitig geliefert worden. Da die Stadt von den Autofahrern nicht verlangen wollte, nach der Euroumstellung weitehin in D-Mark zu zahlen, verfügte sie für eine Woche freies Parken.

In Frankreich und Spanien wurde gestern durch den großen Euro-Ansturm das Kleingeld knapp. 300 bis 400 große Einkaufsmärkte, vor allem im Großraum Paris, können nach Angaben des Handels nur noch in der alten Währung herausgeben, wenn sie nicht kurzfristig weiteren Euro-Nachschub erhielten. Der Härtetest wird heute erwartet, wenn die Geschäfte in Frankreich bis mindestens 19.00 Uhr geöffnet sind.

Der französische Notenbankchef Jean-Claude Trichet forderte gestern die Banken zum vollen Einsatz bei der Währungsumstellung auf. Die Institute sollten allen Kunden, auch den von anderen Instituten, wenigstens Beträge bis zu 2.000 Franc (305 Euro) kostenlos umtauschen. An die Verbraucher appellierte er, Banken und Handel nicht zusätzlich mit großen Franc-Scheinen zu belasten und weiterhin zum Einkaufen auch Schecks oder Kreditkarte zu nutzen.

In Spanien beklagen vor allem die Kleinhändler einen Mangel an Münzen und kleinen Scheinen, um Wechselgeld herausgeben zu können. Zeitungsverkäufer, Wirte und Ladeninhaber warfen den Banken vor, nicht genügend Kleingeld parat zu haben oder dieses nur an die eigenen Kunden herauszugeben. Bei den Verbraucherverbänden mehren sich die Beschwerden wegen gestiegener Preise. Viele Händler hätten großzügig aufgerundet, hieß es. So kostet eine Tasse Kaffee statt wie bisher 160 Peseten (0,96 Euro) mancherorts nun genau 1 Euro. KK