Ein Selbstbewusster

■ Der neue Polizeichef Udo Nagel gilt als einer, der seine Meinung sagt

Er sei keiner, der sich gern reinreden lasse, ein Selbstbewusster, einer, der mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halte. Wenn Udo Nagel, der künftige Polizeichef der Hansestadt, seinem ihm aus München vorauseilenden Ruf gerecht wird, dürfte mancher Krach mit Innensenator Ronald Schill programmiert sein. Nagels Berufung soll am Morgen vom Senat abgesegnet werden. Nachfolger Justus Woydts als oberster Polizist der Stadt wird damit einer, der seit 1969 auf polizeilicher Ochsentour ist.

„Rambos – die brauchen wir nicht“, hat Nagel gegenüber der Süddeutschen Zeitung geäußert, und als ein solcher wird er von KennerInnen auch nicht eingeschätzt. Sondern vielmehr als einer, der „stressfrei kommunizieren“ zu den wichtigsten Führungsaufgaben zählt, der gegenüber der Presse als auskunftsfreudig gilt, auch als meinungs- und entscheidungswillig.

Nagel ist parteilos und legt Wert darauf, dass er das in Zukunft auch bleiben will. JournalistInnen, die ihn aus München kennen, können sich nicht recht vorstellen, dass er sich parteipolitischen Vorgaben unterordnet. An einem neuralgischen Punkt, dem Kampf gegen die Rauschgiftkriminalität, teilt er aber ohnehin die Meinung seines künftigen Chefs. Dem Focus sagte Nagel: „Ich stehe voll und ganz hinter dem umstrittenen Brechmitteleinsatz gegen Drogendealer.“

Polizist sei er geworden, weil er „nach der Schule mit 17 einen Beruf brauchte“, sagt er. Doch wer dahinter wenig berufliche Leidenschaft vermutet, irrt wahrscheinlich. Die Aufklärungsquote von hundert Prozent, die er nach Übernahme der Münchener Mordkommission vorweisen konnte, spricht eine andere Sprache. Nagel ist jemand, der bei der Kriminalitätsbekämpfung besonders auf die umstrittene Profiling-Methode setzt. Danach gibt die Art der Tatausübung Auskunft darüber, wer als Täter in Frage kommt.

Als in München 1996 an die Öffentlichkeit sickerte, dass beim Bau und der Vergabe von Kläranlagen Schmiergeld über den Tisch gewandert war und auch Spitzen der Bauverwaltung in den Skandal verwickelt waren, scheute sich Nagel nicht, dies „Wirtschaftskriminalität in Reinkultur“ zu nennen – was ihm prompt Ärger aus der Politik einbrachte. Den kann er hier auch haben. Peter Ahrens