Riester unter Druck

Arbeitsminister kriegt Ärger, weil sein Ministerium Millionenaufträge ohne Ausschreibung vergeben hat

BERLIN taz ■ Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) hat am Wochenende Vorwürfe zurückweisen lassen, er sei in der Affäre um das millionenschwere EU-Beschäftigungsprogramm „Equal“ rechtzeitig über Probleme bei der Vergabepraxis informiert worden.

Dem Minister wird vorgeworfen, er habe im Juni der Vergabe eines Auftrags in Höhe von rund 19 Millionen Euro an die private Bonner Firma „Europabüro für Projektbegleitung“ (EfP) ohne öffentliche Ausschreibung zugestimmt. Zu diesem Zeitpunkt sei das Ministerium bereits von der EU-Kommission gemahnt worden, dass die Aufträge ausgeschrieben werden müssten. Riester hält jedoch daran fest, bis zum November nichts gewusst zu haben und bei seiner Entscheidung lediglich einer fehlerhaften Vorlage seiner Mitarbeiter gefolgt zu sein. Gegen den zuständigen Referatsleiter sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden, sagte sein Sprecher Klaus Vater.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ berichtet dagegen, die Rechtsabteilung habe den Minister bereits im Juni darauf hingewiesen, dass der Auftrag unter Wahrung des Konkurrenzprinzips vergeben werden müsse. Außerdem habe auch Riesters Staatssekretär Werner Tegtmeier darauf gedrungen, statt der Bonner Firma die Bundesanstalt für Arbeit zu beauftragen.

Die EU-Kommission bestätigte, sie habe bereits vor einem Jahr die ordnungsgemäße Vergabe des Beschäftigungsprogramms, mit dem älteren Menschen, Behinderten und Flüchtlingen den Weg in den Arbeitsmarkt erleichtert werden soll, gefordert. Die Auszahlung des 514 Millionen Euro schweren deutschen Anteils an dem Programm sei aber nicht gefährdet, so Andrew Fielding, Sprecher von Arbeitsmarkt-Kommissarin Anna Diamatopoulou.

Oppositionspolitiker, darunter Unionsfraktionsvize Horst Seehofer (CSU) und CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer, forderten Riester auf, die Vorwürfe schnell auszuräumen, und sprachen von Rücktritt. Riester müsse in der nächsten Sitzung des Bundestagsfinanzausschusses „alle Karten auf den Tisch legen“, forderte Seehofer – sonst werde die Union einen Untersuchungsauschuss fordern.

Riester lässt jetzt die Vergabepraxis seit Anfang der 90er-Jahre durch den Bundesrechnungshof untersuchen – schließlich seien auch in der Amtszeit seines CDU-Vorgängers Norbert Blüm Aufträge ohne Ausschreibung vergeben worden.ANDREAS WYPUTTA