Tagesform ungenügend

■ Die Hamburger Liberalen wählen Reinhard Soltau zum Landesvorsitzenden

Die FDP hat sich noch nicht von dem Schock erholt, wieder in einer Regierung zu sitzen. Zu ihrer früheren Tagesform auf Parteitagen, bei denen sich die Hamburger Liberalen dereinst verlässlich gegenseitig zerfleischt haben, haben sie noch nicht zurückgefunden. Der gestrige Parteitag blieb relativ ruhig und erbrachte zudem am Abend das erwartete Ergebnis. Der 60-jährige Reinhard Soltau wurde von den Delegierten im Wilhelmsburger Bürgerhaus mit Mehrheit zum Landesvorsitzenden gewählt. Seine beiden Gegenkandidaten Joachim Sproß und Werner Coldewey blieben chancenlos. Soltau, der zu Beginn der 90er Jahre auch mal die Fraktion in der Bürgerschaft geführt hatte, überzeugte die Delegierten mit einer echten FDP-Sowohl-als-auch-Rede. Auf der einen Seite müsse mehr für die Innere Sicherheit getan werden, aber die Bürger müssten andererseits auch „sicher sein, nicht total überwacht zu werden“. Und Brechmitteleinsätze seien gerechtfertigt, aber nur dann, „wenn alle medizinisch notwendigen Mittel zum Schutz der Betroffenen gewährleistet sind“. Ganz nach seinem Motto: „Ein Landesvorsitzender sollte mehr integrieren und weniger polarisieren.“ Kritische Töne zur Rolle der Freidemokraten in der Regierung neben CDU und Schill-Partei kamen gestern Abend gerade noch von dem unterlegenen Bewerber Joachim Sproß, dem Chef der FDP Mitte. Er bemängelte dabei weniger fehlende inhaltliche Positionen, sondern vielmehr die Personalpolitik. „Bis Singapur mussten wir reisen, um einen Staatsrat in der Wirtschaftsbehörde zu finden“, kritisierte er. Man habe „zu viele Importe von außen geholt“, Hamburger Parteimitglieder seien dadurch vor den Kopf gestoßen worden. aha