Schlechte Nachrichten aus Nürnberg

Im Dezember lag die Arbeitslosenzahl bei 3,96 Millionen. Eine Besserung ist im Wahljahr nicht in Sicht. Bundesanstalt für Arbeit macht lahmende Konjunktur und schlechte Weltwirtschaftslage verantwortlich für die Misere. CDU wirft Kanzler Versagen vor

von CHRISTIAN JAKOB

2001 sei ein schwaches Jahr gewesen, erklärte der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, gestern in Nürnberg. Und der Dezember war ein ganz besonders schwacher Monat: Fast vier Millionen Menschen, genauer gesagt 3,963 Millionen, hatten keinen Job. Damit nahm die Zahl der arbeitslos Gemeldeten um 174.600 im Vergleich zum Vormonat und um 154.600 im Vergleich zum Vorjahr zu. Im Osten ist die Arbeitslosenquote mit 17,6 Prozent nach wie vor mehr als doppelt so hoch wie im Westen (7,7 Prozent). Insgesamt entspricht das einer Quote von 9,6 Prozent für den Monat Dezember. Für die Zukunft ist Jagoda zufolge vorerst keine Besserung in Sichtweite. Seiner Prognose nach werde die Zahl der Arbeitslosen schon im Januar die Vier-Millionen-Marke überschreiten.

Für diese Misere macht die Bundesanstalt für Arbeit die zurückhaltende Kaufweise der Verbraucher infolge steigender Preise für Energie und Nahrungsmittel sowie die weltwirtschaftliche Abschwächung verantwortlich. Hierbei habe es vor allem die stark vom Export abhängige Wirtschaft im Westen getroffen. „Die Exportkonjunktur hat uns reingehagelt“, erklärte Jagoda. Außerdem hätten die Terrorangriffe vom 11. September Wirtschaft und Verbraucher „zusätzlich verunsichert“.

Besonders betroffen von Arbeitslosigkeit waren Jugendliche bis 25 Jahre, während die Arbeitslosigkeit bei älteren Arbeitnehmern, Schwerbehinderten, Langzeitarbeitslosen, Arbeitern und Angestellten zurückging. Für die gesunkene Zahl der erwerbslosen älteren Menschen ab 55 Jahren gebe es demografische Gründe. Bei der Mehrbeschäftigung von Schwerbehinderten habe sich vor allem das „Aktionsprogramm Integration Schwerbehinderter“ ausgewirkt.

Die Zahl der Kurzarbeiter hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Im Jahresdurchschnitt stieg sie um 36.900 auf 122.900. Eine große Zunahme bei der Kurzarbeit gab es auch in der Luftfahrtindustrie, in der Metallbranche und im Baugewerbe. Eine deutliche Abnahme war dagegen im verarbeitenden Gewerbe zu verzeichnen.

Um das Problem der Arbeitslosigkeit sinnvoll zu bekämpfen, seien Innovationen, Investitionen sowie Neueinstellungen durch die Arbeitgeber notwendig. Jagoda setzt hierbei auf neue Formen der Arbeitsmarktpolitik, wie das Job-Aqtiv-Gesetz. Eine bundesweite Einführung des Kombilohns werde hingegen die Arbeitslosigkeit nicht deutlich verringern können. „Dennoch gilt: Probieren geht über Studieren“, erklärte Jagoda. Der Kombilohn sei eine Chance, im ersten Arbeitsmarkt tätig zu sein. Zudem könne er helfen, neue Arbeitsmärkte im Dienstleistungsbereich zu erschließen.

Als Reaktion auf die hohen Arbeitslosenzahlen warfen der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Michael Rogowski, und der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann, der Bundesregierung wirtschaftspolitisches Versagen vor. Nicht umsonst sei Deutschland mittlerweile Wachstumsschlusslicht in Europa. Der IG-Metall-Vorsitzende Klaus Zwickel forderte neue Initiativen von Wirtschaft und Bundesregierung. Dabei könne es nicht darum gehen, hektisch neue Kombilohnmodelle auf den Weg zu bringen. „Das ist kein Allheilmittel zur Lösung der Probleme.“