Hefe versus Vitamine

„Ökotest“ nahm über 500 Lebensmittel unter die Lupe: Während Multivitaminsäfte größtenteils schlecht abschnitten, erhielten Weizenbiere durchweg das Prädikat „empfehlenswert“

von VOLKER ENGELS

Fette Gänse, saftige Knödel und reichlich Süßkram: die klassische Ernährung in der kalten und dunklen Winterzeit. Um dem geschundenen Körper nicht vollends den Garaus zu machen, greifen viele auf vermeintlich gesunde Multivitaminsäfte aus dem Supermarkt zurück. Das Ziel: die Sünden der Völlerei durch reichlich Vitamine zu entschärfen.

Doch Ernährungswissenschaftler warnen davor, auf die heilende Kraft von Säften zu vertrauen, die mit zahlreichen Vitaminen versetzt wurden. Öko-Test hat in seinem aktuellen Heftausgabe von „Ökulinarisch“ 21 Multivitaminsäfte getestet und kommt zu erschreckenden Ergebnissen: Alleine 2 von 21 getesteten Säften erhielten das Prädikat „Empfehlenswert“, die restlichen Vitaminbomben hingegen fielen bei den Prüfern durch.

Bei den meisten getesteten Säften wurde durch die Bank eine Mischung künstlicher Vitamine zugesetzt. Dem Vitamincocktail fehlen, so die Kritik von Öko-Test, im Gegensatz zu Obst oder Gemüse wichtige Spurenelemente, die der Körper dringend braucht.

Außerdem würden das Obst aus der Flasche mitunter zu hohe Vitamindosen enthalten. Und diese können dem Körper sogar schaden. Besonders Raucher, die über eine hohe Dosis von Beta-Carotin die negative Folgen des Nikotins senken wollten, müssen aufpassen.

„Studien in den USA und Skandinavien haben gezeigt, dass die Krebsrate bei Rauchern sogar steigen kann, wenn Beta-Carotin oder Provitamin A über einen längeren Zeitraum hoch dosiert eingenommen werden“, sagt Thomas Schlicht vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV). In Deutschland gebe es keine Mangelsituation bei der Versorgung mit Vitaminen. Allenfalls Jodpräparate seien eine sinnvolle Nahrungsergänzung, die in bestimmten Fällen empfohlen werden könnten.

Besonders bei hoch dosierten Vitaminpräparaten rät Schlicht zur Vorsicht: „Hoch dosierte Vitaminpräparate, die die dreifache Menge der empfohlenen Tagesdosis überschreiten, sind in Deutschland zulassungspflichtige Arzneimittel, von denen wir dringend abraten.“ Die weniger hoch dosierten Multivitaminsäfte machten unter gesundheitlichen Aspekten zwar „wenig Sinn“, aber: „Wenn sie schmecken, schaden sie in der Regel auch nicht“, so der Behördensprecher. Wesentlich gesünder und wohl auch preiswerter ist es allerdings, Vitamine auf natürlichem Weg zu konsumieren: „Die Aufnahme von Beta-Carotin aus Obst und Gemüse ist auch für Raucher völlig ungefährlich“, so das BGVV.

Keine Gefahr der Überdosierung mit Vitaminen laufen Raucher, die ihren Durst mit Weizenbier löschen: Als „empfehlenswert“ klassifiziert Ökotest in der aktuellen Ausgabe von Ökulinarisch alle getesteten hellen Weizenbiere. Alleine der Kronenkorken, der teilweise PVC enthalte, das unter ökologischen Gesichtspunkten verwerflich ist, führte zu leichtem Punktabzug. Dafür ist nicht alleine das teuerste Bier auch das Beste: Sowohl der Gerstensaft aus dem Bioladen, der rund 2,10 Euro pro Liter kostet, als auch das Weizenbier aus klassischen Brauereien, das für weniger als ein Drittel zu haben ist, können die Tester durstigen Kehlen empfehlen.

Die aktuelle Ausgabe von „Ökulinarisch“ kostet 7,40 € und kann unter der Rufnummer (0 18 05) 39 39 33 bestellt werden. Die nächste Ausgabe erscheint Anfang April und kann über den Zeitschriftenhandel bezogen werden.