Einsatzbereit für Plan B.

Kolumbiens Präsident Andrés Pastrana hat den Friedensprozess in Kolumbien aufgekündigt. Jetzt soll die Farc-Guerilla die ihr zugestandene Zone binnen 48 Stunden verlassen – das Militär steht bereit

von INGO MALCHER

Der Friedensprozess in Kolumbien ist am Ende. Präsident Andrés Pastrana hat am Mittwoch in einer Fernsehansprache die Gespräche zwischen der Regierung und der Guerilla „Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (Farc) aufgekündigt. „Zum Verhandeln braucht man zwei, aber leider wollen die Farc nicht verhandeln“, sagte ein bemüht rhetorischer Pastrana im Fernsehen. Die Farc beschuldigte ihrerseits die Regierung, mit dem Friedensprozess gebrochen zu haben. Die Streitkräfte wurden in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

Jetzt droht eine Verschärfung des kolumbianischen Bürgerkriegs. Es ist eine Frage der Zeit, wann das Militär in die Farc-Zone einmarschiert, aus der es sich vor drei Jahren zurückgezogen hat. Pastrana gab der Farc 48 Stunden Zeit, das Gebiet zu verlassen. In den vergangenen drei Monaten hat die Armee die Farc-Zone eingekreist und ein- und ausreisende Ausländer kontrolliert. Regelmäßig patroullieren Spionageflugzeuge das Guerillaland, ein Gebiet etwa von der Größe der Schweiz.

Der Bruch zwischen Farc und Regierung kam, als die Farc bei der letzten offiziellen Gesprächsrunde am Dienstag Verhandlungen über einen Waffenstillstand an die Bedingung knüpften, dass die Regierung die Kontrollen ihres Gebiets einstelle. Darüber, so Pastrana im Fernsehen, wird aber nicht verhandelt. Pastrana forderte die Farc dazu auf, ihr Wort zu halten und an den Verhandlungstisch zurückzukehren. „Der Friede ist das wichtigste Ziel“, sagte Pastrana.

Die Kolumbianer versuchte er davon zu überzeugen, dass dem Land kein schlimmer Krieg bevorstehe, vergaß aber nicht zu betonen, dass die kolumbianischen Streitkräfte in den vergangenen Jahren stärker und moderner geworden sind.

Tatsächlich befürchten UNO-Diplomaten in Bogotá eine neue Etappe im seit 37 Jahren andauernden Bürgerkrieg. Die Farc haben längst bewiesen, dass sie den Krieg in die Städte tragen können. Auch werden die Guerilleros ihre strategisch wichtige Zone kaum freiwillig räumen – sie dient der Farc als Rückzugsgebiet, ihre Truppen können dort ungestört trainieren, und Entführungsopfer werden dorthin verschleppt.

Immer wieder haben blutige Attentate der Farc und Angriffe der Armee den Friedensprozess ins Wanken gebracht. Es war die starre Haltung der Farc am Verhandlungstisch, die Pastrana zunehmend unter Druck brachte. Alle aussichtsreichen Kandidaten für die Präsidentenwahlen Ende Mai forderten von Pastrana, die Farc aus ihrer Zone zu vertreiben. Das Militär war von Anfang an nicht begeistert von einem Ruheort für die Farc. Schon seit einiger Zeit machen die Generäle Druck, in die Zone einmarschieren zu dürfen.

Im Jahr 2000 putschten die Generäle gegen den Friedensprozess und traten zurück. Damit gelang es den rechten Kräften im Militär den Durchmarsch anzutreten. Seither sind auch die rechtsextremen Paramilitärs verstärkt aufmarschiert. Im ganzen Land haben sie die Staatsanwaltschaften in der Hand. Kein Prozess gegen einen Paramilitär hat momentan Aussicht auf Erfolg.

Drei Jahre lang verhandelte Pastrana mit der Farc. Er hatte immer einen Plan für den Frieden und einen für den Krieg. Parallel zu den Friedensgesprächen wurde das Militär stark aufgerüstet. Im Rahmen des „Plan Colombia“ flossen 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe, US-Militärberater und Ausbilder kamen ins Land. Zahlreiche private US-Sicherheitsfirmen sind als Söldner angeheuert. Jetzt sind die Vorbereitungen abgeschlossen. Aus der Kaserne „Tres Esquinas“ im Konfliktgebiet meldeten sich Militärs einsatzbereit für „Plan B.“