EU setzt Simbabwe unter Druck

Konsultationen, die zu EU-Sanktionen gegen Simbabwe führen könnten, beginnen heute in Brüssel. Die Zeit drängt: Im März wird in Simbabwe gewählt, und die Regierung tut alles für ihren Verbleib im Amt – bis hin zu Putschdrohungen des Militärs

von FRANCOIS MISSER
und DOMINIC JOHNSON

EU-Sanktionen gegen Simbabwe rücken näher. Eine fünfköpfige simbabwische Ministerdelegation wird heute in Brüssel Gespräche aufnehmen. Die Cotonou-Verträge, die die Zusammenarbeit zwischen der EU und den Ländern Afrikas, der Karibik und dem Pazifik regeln, sehen „Konsultationen“ vor, sobald eine Partei „wesentliche“ Vertragsprinzipien verletzt sieht. Dazu gehören Demokratie und Menschenrechte in den Partnerländern.

Unmittelbarer Anlass für die „Konsultation“ ist die Weigerung der simbabwischen Regierung unter Präsident Robert Mugabe, europäische Beobachter zu den Präsidentschaftswahlen zuzulassen, die Anfang dieser Woche vom Politbüro der Regierungspartei Zanu-PF (Simbabwe Afrikanische Nationalunion/Patriotische Front) auf den 9. und 10. März festgelegt worden sind. Der Termin der „Konsultation“ wurde von simbabwischer Seite mehrfach hinausgezögert. Der jetzige Gesprächstermin des 11. Januar und der Wahltermin scheinen nun mit Bedacht gewählt worden zu sein: Eine „Konsultation“ im Rahmen der Cotonou-Verträge dauert zwei Monate, und erst danach sind Sanktionen möglich. Das wäre also ein Tag nach der Wahl. Es bleibt höchstens die Möglichkeit,dass der nächste EU-Ministerrat am 28. und 29. Januar außerordentliche Maßnahmen beschließt.

In der EU gibt es darüber keine Einigkeit. Großbritannien ist für Sanktionen, Belgien dagegen. Dennoch gilt es als sicher, dass die EU von Simbabwe ein Ende der politischen Gewalt und der illegalen Landbesetzungen verlangt, die Wahrung der Pressefreiheit und die Gewährleistung einer unabhängigen Justiz und einer freien und fairen Wahl.

Dies will auch Simbabwes Oppositionspartei MDC (Bewegung für Demokratischen Wandel), deren Führer Morgan Tsvangirai sich unter freien Bedingungen gute Wahlchancen ausrechnet. „Wir glauben, dass Europa die Region stabilisieren kann, wenn es vor der Wahl in Simbabwe entschlossen handelt“, sagte MDC-Justizsprecher David Coltart der taz. „Aber wir sind gegen allgemeine Handelssanktionen.“ Vielmehr sollten gezielt gegen Regierungsmitglieder Reiseverbote, Vermögensbeschlagnahmungen und Folterermittlungen beschlossen werden.

Nach MDC-Angaben sind seit Beginn der politischen Gewaltkampagne in Simbabwe seit Februar 2000 etwa 90 Menschen ermordet worden. In den letzten Wochen nehmen bewaffnete Überfälle regierungstreuer Jugendmilizen deutlich zu. Präsident Mugabe hatte Mitte Dezember seine Partei dazu aufgerufen, die Wahl im März als „totalen Krieg“ zu begreifen. Die Wochenzeitung Financial Gazette berichtete gestern, bis Ende Februar sollten 80.000 Jugendliche eine militärische Blitzausbildung bekommen, um sie als Schlägertrupps einzusetzen. Zugleich sollten traditionelle Führer in ländlichen Gebieten den Leuten weismachen, die MDC sei verboten worden und man könne nur noch Zanu/PF wählen.

Im Parlament stand außerdem gestern die Verabschiedung dreier Gesetze an, die ausländische Journalisten und Wahlbeobachter aus Simbabwe aussperren und der Polizei Sondervollmachten erteilt. Am Dienstag war dies gescheitert, weil zu wenig Regierungsabgeordnete erschienen waren. Nach Presseberichten sollte gestern die Parlamentssatzung suspendiert werden, um eine Neuvorlage zu ermöglichen.

Für den Fall, dass das alles nicht für Mugabes Sieg ausreicht, ist auch schon vorgesorgt. „Die Sicherheitsorgane werden nur solche politischen Führer unterstützen, die simbabwische Werte, Traditionen und Glauben vertreten“, sagte Armeechef Vitalis Zvinavashe am Mittwoch auf einer Pressekonferenz der Militärführung. „Das höchste Amt im Land ist eine Zwangsjacke, von dessen Träger erwartet wird, die Ziele des Befreiungskampfes einzuhalten. Jemanden mit einer anderen Agenda werden wir nicht akzeptieren“.