Himmlische Gaben

Einer der Preisträger des Deutschen Solarpreises von Eurosolar ist das Elektrizitätswerk Heinzelmann. Es versorgt alle seine Kunden im Versorgungsgebiet ausschließlich aus erneuerbaren Energien

Ein Satz wie aus einer Märchenwelt: „Each raindrop is a kiss from heaven – jeder Regentropfen ist ein Kuss des Himmels.“ Mit diesem Bonmot auf einem Hundertwasser-Poster empfängt das Elektrizitätswerk Gebrüder Heinzelmann GmbH & Co KG in Wolfach-Halbmeil im Schwarzwälder Kinzigtal seine Besucher. Passender kann ein Slogan für die Firma nicht sein. Denn das Unternehmen lebt von den himmlischen Gaben: Fast viereinhalb Millionen Kilowattstunden erzeugt das Elektrizitätswerk jährlich in seinen vier Wasserkraftwerken.

Zugegeben: Manche Stromversorger erzeugen absolut gesehen weitaus mehr Strom aus Wasserkraft. Aber keinem von diesen Unternehmen gelingt vermutlich, was man im Kinzigtal erreicht: Das Elektrizitätswerk Heinzelmann versorgt alle seine Kunden im Versorgungsgebiet ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien. Es sind 300 Haushalte und zwei Industriebetriebe. „Damit sind wir wahrscheinlich der kleinste Elektrizitätsversorger Deutschlands – aber auch einer der umweltfreundlichsten“, sagt Geschäftsführer Reinhard Georg Koch.

Und das war der europäischen Sonnenenergie-Vereinigung Eurosolar den Deutschen Solarpreis wert. „Das Unternehmen Gebrüder Heinzelmann ist in seiner konsequenten Konzentration auf erneuerbare Energien und die regionale Stromversorgung ein wegweisendes Modell für das Solarzeitalter“, würdigt Eurosolar. Denn die Firma symbolisiere „in besonderer Weise die dezentrale Struktur einer auf erneuerbaren Energien basierenden solaren Zukunft“.

Besonders gefiel der Jury, dass in Wolfach-Halbmeil das Engagement für den Ökostrom eine lange Geschichte hat. „Während für viele Energieversorger regenerative Energien erst seit den Veränderungen der Rahmenbedingungen in der jüngsten Vergangenheit von Interesse sind, baut dieses Unternehmen seit Jahren die Erzeugung erneuerbarer Energien aus“, schreibt Eurosolar weiter in der Laudatio. Denn die umweltfreundliche Stromerzeugung hat bei der Firma Heinzelmann viele Jahrzehnte Tradition – sie begann bereits nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Geschichte des Elektrizitätswerkes ist eng verknüpft mit der Entwicklung des gleichnamigen Sägewerkes, das um 1850 in Wolfach-Halbmeil im badischen Ortenaukreis gegründet wurde. Und da das Sägewerk mit der mechanischen Nutzung der Wasserkraft viel Erfahrung hatte, lag es nahe, dass man um 1920 auch zu den Pionieren der Stromerzeugung aus Wasserkraft gehörte. 20 Mitarbeiter beschäftigt das Unternehmen derzeit.

Inzwischen übersteigt die Erzeugung von Ökostrom bei Heinzelmann den Verbrauch im Versorgungsgebiet um eine Million Kilowattstunden jährlich. Auch der entschiedene Ausbau der Solarenergie trägt mit dazu bei: Photovoltaik mit einer Leistung von 80 Kilowatt hat das Unternehmen auf Büroräumen und auf der Hobelhalle installiert.

Allein, bei den umliegenden Netzbetreibern war der kleine innovative Versorger nie wohl gelitten. „Nur allzu gerne hätte das Badenwerk unser Netz übernommen – wir sind für das Unternehmen bis heute ein ärgerlicher weißer Fleck auf der Landkarte“, sagt Koch. Da war es nicht verwunderlich, dass sich das Badenwerk über Jahre hinweg weigerte, den überschüssigen Wasserkraftstrom des Elektrizitätswerks Heinzelmann nach dem Stromeinspeisungsgesetz zu vergüten. Erst mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz war die Rechtslage so eindeutig, dass die inzwischen aus dem Badenwerk hervorgegangene Energie Baden-Württemberg fortan die entsprechende Vergütung ohne Beanstandungen zahlte. Seither kann man sich in Halbmeil wieder voll auf die technischen Innovationen konzentrieren, statt sich in Scharmützeln mit Energiekonzernen zu zerreiben.

Das nächste Projekt steht bereits an: Im nahe gelegenen Hausach plant das Unternehmen den Bau eines weiteren Wasserkraftwerkes mit einer hochmodernen „Torpedoturbine“. Diese Neuentwicklung des Karlsruher Ingenieurbüros Hydroenergie Roth ist speziell für sehr niedrige Fallhöhen zwischen 1,75 und drei Metern geeignet. Da sie in standardisierten Größen produziert wird, lasse sich die Turbine in kurzer Bauzeit installieren, und garantiere eine kostengünstige Stromerzeugung.

Der kleine Stromversorger im Kinzigtal hat ohnehin stets besser kalkuliert als die großen Stromversorger, die für Werbung und Marketing viel Geld verpulvern. Und so widerlegt das Elektrizitätswerk Heinzelmann heute jeden, der behauptet, Ökostrom müsse zwangsläufig teurer sein als ein Atomkraftmix: Nur 23 Pfennig inklusive aller gesetzlichen Abgaben bezahlen Haushaltskunden in Halbmeil für die Kilowattstunde. Hinzu kommt nur ein Grundpreis von 17 Mark monatlich. „Damit“, sagt Firmenchef Koch, „sind wir billiger als Yello.“ BERNWARD JANZING