Machos unter sich

Mit Stoiber hat es der Kanzler leichter als mit einer Frau. Doch er muss fürchten, dass der Bayer im konservativen SPD-Milieu wildert

BERLIN taz ■ Als sich die Gerüchte über Angela Merkels endgültigen Verzicht gestern Nachmittag verdichteten, da wäre man gern an vielen Orten gleichzeitig gewesen – um die ersten, ungefilterten Reaktionen mitzubekommen. Ungeteilte Freude dürfte vor allem bei der FDP geherrscht haben: Die Liberalen haben Grund zu der Hoffnung, erfolgreich bei jenen Gegnern von Rot-Grün auf Stimmenfang zu gehen, denen das konservative Image Edmund Stoibers unheimlich ist.

Vielleicht hat sich auch Roland Schill gefreut, der rechtspopulistische Senkrechtstarter in Hamburg. Je wahrscheinlicher Stoibers Sieg im unionsinternen Machtkampf wurde, umso lauter trompetete Schill seine Absicht in die Welt hinaus, „nur“ im Falle einer Kanzlerkandidatin Merkel bei der Bundestagswahl antreten zu wollen. Da seine Personaldecke sogar für anstehende Landtagswahlen knapp ist, hat ihm die gestrige Entscheidung das Problem erspart, den markigen Worten auch Taten folgen zu lassen.

Aber wer ist schon Herr Schill? Auf den Kanzler kommt es an – und (noch?) heißt der Gerhard Schröder. Nicht zu Unrecht gilt er als Macho: „Frauen und Gedöns.“ Zu Chauvinismus gehört stets auch Unsicherheit. Der Umgang mit einer weiblichen Herausforderin Angela Merkel wäre dem Amtsinhaber vermutlich schwerer gefallen als der Kampf gegen Edmund Stoiber. Manche SPD-Strategen fürchteten, Schröder könne mit unbedachten Bemerkungen über die CDU-Vorsitzende unentschiedene Wählerinnen gegen sich aufbringen.

Das heißt nicht, dass Stoiber für Schröder weniger gefährlich wäre. Im Gegenteil. Im strukturkonservativen Milieu der Wechselwähler gibt es schließlich genug Machos, für die eine Frau als Regierungschefin undenkbar ist. Die hätten Merkel nie gewählt, Stoiber vielleicht schon. Zumal dessen wirtschaftspolitische Kompetenz nicht einmal von unionsinternen Gegnern bezweifelt wird.

Der bayerische Ministerpräsident hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass er gerne bereit ist, Ressentiments zu bedienen: gegen Ausländer, gegen Minderheiten, gegen alle, die dem Leitbild des christlichen Deutschen nicht entsprechen. Das hat manche Analytiker zu dem Fehlschluss verführt, ein solcher Politiker sei nur für den rechten Rand akzeptabel. Doch in Teilen der SPD-Klientel werden dieselben Ressentiments gepflegt wie bei der CSU. Und das soziale Element spielt bei der bayerischen Alleinherrscherin eine größere Rolle als in der CDU. Gerhard Schröder muss sich warm anziehen. BETTINA GAUS