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Union plant Union mit Union

Zum 100. Geburtstag plant der 1. FC Union die Wiedervereinigung mit Union 06 aus Moabit. Nur der Westableger des Ostclubs weiß noch nichts von seinem Glück

Gemessen an der Schnelllebigkeit des Profi-Fußballs plant der 1. FC Union in bemerkenswert langen Zeit-Zyklen. Schon auf einem Meeting vor Weihnachten hat sich der Zweitligist mit dem Jahr 2006 beschäftigt. Denn zum 100. Geburtstag von Union Oberschöneweide, in deren Tradition sich der erst vor 26 Jahren gegründete 1. FCU sieht, solle die Wiedervereinigung mit dem SC Union 06 aus Moabit erfolgen.

Die „06er“ gelten als der einzig rechtmäßige Nachfahre der vor dem Zweiten Weltkrieg über die Stadtgrenzen hinaus populären „Union Ob.“ 1950 floh fast die gesamte Mannschaft aus der Wuhlheide in den Berliner Westen, nachdem die DDR-Sportführung die Mannschaft aus der Stadtliga zurückziehen und in die neue DDR-Oberliga integrieren wollte. In Moabit gründeten sich die Oberschöneweider „Schlosserjungs“ als SC Union 06 neu. Ihren Platz in Köpenick nahm Motor Oberschöneweide ein. Der Klub verblasste jedoch im Schatten des reüssierenden Newcomers 1. FC Union.

Trotz historischer Unge- reimtheiten und mangelnder sportlicher Attraktivität des Wunschpartners aus Moabit (der SCU dümpelt in der Kreisliga) geht Bernd Hofmann, Vizepräsident des 1. FCU, das Projekt mit fast staatsmännischem Tiefgang an. „Warum soll nicht wieder zusammengefügt werden, was eigentlich zusammengehört?“, fragt der Finanzexperte des DDR-Pokalsiegers von 1968.

In Moabit hingegen ist man vom Lauf der Fußball-Geschichte überrascht. „Wer auf diese Idee gekommen ist, weiß ich nicht. Offiziell ist noch niemand an uns herangetreten“, staunt Bernd Stautmeister, Vorsteher der Moabiter Union.

Auch intern klaffen bei Union Unterschiede zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Im Trainingslager auf Zypern, wo sich die „Eisernen“ für das Restprogramm in der 2. Bundesliga trimmen, äußert sich Trainer Georgi Wassilev ungehalten über die Personalpolitik seines Arbeitgebers. Zwei Akteure wurden in der Winterpause abgegeben, vier weitere zum Verkauf angeboten. Lediglich zwei Neuzugänge durfte Wassilev zum Trainingsauftakt Anfang Januar begrüßen. „Wenn der Verein um den Aufstieg in die Bundesliga mitspielen will, muss er mehr investieren“, grantelt der Bulgare.

Manager Klaus Berge nimmt den Coach zwar sofort in Schutz: „Es zeichnet einen guten Trainer aus, dass er die Qualität der Mannschaft anheben möchte.“ Aber in der Vereinsführung stößt Wassilevs Kritik auf Missfallen. Denn der Übungsleiter müsste wissen, wie es finanziell um Union bestellt ist.

Vize Hofmann brütet derzeit über den Lizenz-Unterlagen für die Saison 2002/2003. Mit rund 7 Millionen Euro plant Union das zweite Jahr im Profi-Geschäft, ebenso viel wie im laufenden Haushalt veranschlagt sind. Nur kann Vermarkter „Sportwelt“, der in der aktuellen Spielzeit 2 Millionen Euro zubuttert, nichts mehr geben. Das Düsseldorfer Unternehmen ist in eine wirtschaftliche Schieflage geraten.

Deshalb muss Union aus eigener Kraft die Haushaltslücke schließen. „Wir stoßen an unsere Grenzen“, befürchtet Hofmann angesichts der begrenzten Möglichkeiten im altehrwürdigen Stadion „Alte Försterei“. Zum Glück konnten im vergangenen Uefa-Pokalwettbewerb etwa 500.000 Euro Rücklagen gebildet werden. Den Rest soll die vereinseigene Marketing-Abteilung beisteuern. Die Crux ist, dass „Sportwelt“ aus den Werbeeinnahmen bisher 80 Prozent für sich abzweigt. JÜRGEN SCHULZ

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