„Nun macht das nicht platt“

Winfried Benz vom Wissenschaftsrat verweist auf den Aufschwung des FU-Klinikums und den Preis der Einsparungen: Ein „schlimmes Signal“ für die „Stadt des Wissens“

taz: Die Schließung des Universitätsklinikums der Freien Universität ist deutschlandweit einzigartig und erregt weit über Berlin hinaus Unmut.

Winfried Benz: Selbstverständlich kämpfen wir für den Erhalt des Uniklinikums und der medizinischen Fakultät im Interesse der Wissenschaft. Andererseits muss sich die Wissenschaft unter den finanziell dramatischen Vorzeichen in der Hauptstadt bewusst sein, dass sie einen Preis bezahlen muss.

Wie hoch wäre der?

Der Preis wäre, dass die beiden medizinischen Fakultäten nun wirklich Ernst machen mit Schwerpunktbildung und Kooperation und, soweit es geht, Doppelstrukturen abbauen. Daran hat es in der Vergangenheit jedenfalls gefehlt.

Der Wissenschaftsrat selbst hatte 1997 in einer Evaluation empfohlen, das FU-Klinikum bei unzureichender Finanzierbarkeit zu schließen. Sieht der Rat das heute anders?

Wir haben aufgrund von Anfragen aus Berlin im letzten Jahr festgestellt, dass das betroffene Klinikum in den letzten vier Jahren einen enormen Aufschwung genommen hat. Zudem gehört die medizinische Fakultät heute im Bundesgebiet bei der Drittmitteleinwerbung zur Spitze. Das ist doch ein Anlass zu sagen: Nun macht das nicht platt.

Berlin sieht sich gerne als „Stadt des Wissens“ – ist die angestrebte Schließung nicht ein falsches Signal?

Das ist in der Tat ein ganz schlimmes Signal. Der Schließungsbeschluss ist grobschlächtig und ausgesprochen wissenschaftsfeindlich. Wir hätten eine vorherige Bestandsaufnahme durch den neuen Senat sehr begrüßt, bevor mit den schmerzhaften Sparschnitten begonnen wird.

Sparen ist ein undankbarer Job. Lassen sich da überhaupt Kompromisse finden?

In dieser Lage muss sich eine neue Regierung in Berlin etwas Zeit dafür nehmen, ohne auf die lange Bank zu schieben. Natürlich ist die Berliner Medizin ein Punkt, über den nachgedacht werden muss, aber man darf nicht einfach schauen, wo lässt sich der größtmögliche Batzen einsparen; sondern wo kann man unter größtmöglicher Wahrung der Interessen der Wissenschaft Schnitte vornehmen.

Welche Schnitte wären denn im Interesse der Wissenschaft?

Wenn die Politik wirklich mit Druck die beiden Universitäten auffordern würde, die Haushaltslage des Landes ernst zu nehmen, dann ist der Wissenschaftsrat bereit, anschließend dazu eine Stellungnahme abzugeben.

INTERVIEW: A. WOLTERSDORF