Designte, neue Welt

■ „Blick.Öffnung“: Im Design Zentrum im Wilhelm Wagenfeld Haus präsentiert das DesignLabor Bremerhaven Projekte der letzten sieben Jahre: Praktisches und Spaciges

Das neue Wahrzeichen von Bremerhaven: Ein alter Verladekran, der nachts zur Lichtinstallation wird. Man sieht ihn von einer Pierkonstruktion aus, die auf dünnen, stoßempfindlichen Beinen steht – ein Pier mit der Statur eines Wasserläufers. Nach dem Besuch dieser Wasser-Erlebniswelt darf der Tourist sich ausruhen in einem Containerhotel: Schiffscontainer wachsen seitlich aus einem sechs-eckigen Quader, überdimensional und fremdartig. Eine neue Dimension von Hotelatmosphäre – demnächst in Ihrem Hafenbecken.

Ausgedacht hat sich das Ganze der Nürnberger Architektur-Professor Johannes P. Hölzinger zusammen mit Nachwuchsdesignern und Stipendiaten des DesignLabors Bremerhaven. Auftraggeber ist Josef Hattig, Senator für Wirtschaft und Häfen. „Nicht nur Markenhauptstadt, sondern Design-hauptstadt“ solle Bremen werden, so Hattig, und lässt sich die Designförderung im Jahr 2002 rund 800.000 Euro kosten. Davon gehen 425.000 Euro an das Design Zentrum Bremen im Wilhelm Wagenfeld Haus, 375.000 Euro bekommt das DesignLabor Bremerhaven.

Designhauptstadt Bremen: Hattig erwartet sich erstens positive Effekte für das Image des Zweistädtestaats als innovative Standorte. Zweitens soll die Designförderung „Effekte in den Unternehmen“ zeitigen, die beim DesignLabor Bremerhaven Projekte in Auftrag geben. Und das geht zu vergünstigten Konditionen: Unternehmen bezahlen je nach Projekt bis zu 30.000 Euro und bekommen dafür vom DesignLabor eine Lösung präsentiert. Was die Auftraggeber mit den Lösungsvorschlägen machen, bleibt ihnen überlassen: Die Fußgängerklappbrücke in Vegesack ist nach ihrem Entwurf von der Stadt gebaut worden. Die Luxusjacht mit sphärischer Rundumverglasung gibt es hingegen nur als Modell: Die Lürssen Werft hat sie konzipieren lassen, hat aber noch keinen Auftraggeber dafür.

Das Angebot an die Unternehem, sich vom DesignLabor Bremerhaven eine neue Corporate Identity (Frozen Fish International), eine Waschmaschine ohne Betonsockel (Siemens) oder einen effektivierten Dienstleistungsort (Anwaltskanzlei Schmel & Partner) konzipieren zu lassen, macht die Designförderung schlicht zu einem Instrument der Wirtschaftsförderung.

Zwei Fliegen mit einer Klappe: Design-Professor Francois Burkhardt meint zum Schulterschluss zwischen Kultur und Wirtschaft: „Es gibt keine Kultur ohne Kommerz. Und es gibt keinen sinnvollen Kommerz ohne Kultur.“ Die zentrale Vokabel im Ausstellungskatalog ist wie bei der Wirtschaftspolitik die „Innovation“, die „neue Idee“ ist das große Ziel, mit dem sich die Kreativen auch die Freiheit erkaufen, ab und zu etwas über die Grenzen des Machbaren hinauszuschießen.

„Design=Forschung“ steht im Ausstellungskatalog geschrieben und „Design=Orientierung“, außerdem: „Design = Denken+Fühlen+Machen“.

Kleine Brötchen wollen sie offenbar nicht backen im DesignLabor, vielmehr scheint ihr „Design“ die gleiche Relevanz zu haben wie „Philosophie“ oder Leben – und je mehr das Design aufgewertet wird, desto stärker drängt sich der Verdacht auf: Design ist nicht mehr und nicht weniger als die Fähigkeit, sich wirklich gut zu verkaufen.

Klaus Irler