Nörgler und Helfer

Bei der Solidaritätsbewegung waren Tangermanns taz-Berichte nicht sehr beliebt. Sie waren zu kritisch

SAN SALVADOR taz ■ Als ich 1980 im Salvadorkomitee Berlin arbeitete, war ich oft stinksauer auf Klaus-Dieter (KD) Tangermann. Wegen seiner Berichterstattung über El Salvador. Wegen seiner ständigen Zweifel. „Der KD bildet sich ein, immer alles besser zu wissen“, hieß es, wenn er einem Guerillakommandanten irgendeinen Blödsinn nicht ungestraft durchgehen ließ.

KD war damals in Solidaritätskreisen nicht sehr beliebt. Aber als wir die Idee hatten, in der taz die Spendenkampagne „Waffen für El Salvador“ zu starten, war KD der einzige taz-Redakteur, der sofort dabei war. Mit ihm den Aufruf für die Waffenkampagne zu schreiben, war eine der anstrengendsten Arbeiten, die ich je unternommen habe. Keine revolutionäre Floskel ging einfach durch. Immer wieder wurde hinterfragt, abgeklopft, rausgeschmissen. Aber als der Aufruf endlich stand, war es KD, der sich mit dutzenden von Leuten so lange herumstritt, bis die Kampagne abgesegnet war.

Als wir dann im Dezember 1980 in Managua den Kommandanten der FMLN den ersten Geldkoffer überreichten, fiel KD wieder auf mit seinen Zweifeln, seiner Kritik, seiner Forderung nach Ehrlichkeit und Offenheit. Ich hätte ihn erwürgen können: Endlich saßen wir den Comandantes der Revolution gegenüber, und der Mensch fängt an, denen Vorträge zu halten.

Und dennoch: KD brachte das Kunststück fertig, die militanteste Solidaritätskampagne der deutschen Geschichte zu organisieren, ohne auch nur einen Millimeter von seiner kritischen Distanz zur salvadorianischen Revolution abzuweichen.

Als der Krieg in El Salvador 1992 beendet wurde, steckten wir wieder unsere Köpfe zusammen, KD als Vertreter der grünen Stiftung Buntstift, ich als Pressevertreter der Frente. So entstand das Großprojekt, mit dem Buntstift die beiden Guerrilla-Radios und ihre Neugründung als legale, professionelle und letztendlich kommerzielle Medien finanzierte.

Als es ein Jahr später darum ging, eine unabhängige, kritische, professionelle Zeitung in El Salvador aufzubauen, war es KD – inzwischen Mittelamerika-Beauftragter von Buntstift –, der half, das Zeitungsprojekt bei Buntstift unterzubringen.

Kaum jemand, mit dem ich mich so oft gestritten habe. Kaum jemand aber auch, mit dem die Zusammenarbeit so fruchtbar war. PAOLO LÜERS

Der Autor übergab 1980 zusammen mit Klaus-Dieter Tangermann die erste halbe Million Dollar an die FMLN und blieb bei der Guerilla