Der eigene Name der Polizei

Das Innenministerium des Landes Brandenburg will einer kritischen Bürgerinitiative den Gebrauch einer Webadresse verbieten, weil diese beim Surfen mit der Adresse der offiziellen Website der Landespolizei verwechselt werden könnte

von NIKLAUS HABLÜTZEL

Das Recht auf den eigenen Markennamen in der Webadresse ist privaten Kapitalunternehmen schon lange gutes Geld wert. Gestern aber hatte sich das Landgericht in Potsdam mit einem Streit um einen solchen Namen zu befassen, den das Bundesland Brandenburg mit einer Gruppe seiner Staatsbürger ausficht. „Genossen, macht weiter so“, steht markig am Anfang eines der neusten Beiträge zum Forum auf der Website der „Volksinitiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei“. Alles Weitere ist bislang noch nachzulesen unter www.polizeibrandenburg.de.

Das aber darf nun doch nicht sein, fanden im letzten Herbst Beamte im Innenministerium des Landes. Eine Klage darauf, auf diese ordnungsgemäß beim Verein Denic gemeldete Adresse zu verzichten, ging umgehend heraus. Denn auch die Polizei des Landes ist im Web vertreten, und zwar unter der für jeden Computer zweifelsfrei unterscheidbaren URL www.polizei.brandenburg.de. Nun haben deutsche Gerichte bereits entschieden, dass den Menschen nicht zugemutet werden könne, so genau zu lesen wie Computer. Sie haben unter anderem grundsätzlich das Recht, den Punkt zwischen den beiden Wörtern zu übersehen. Und da sie das regelmäßig tun, kann sich allein daraus eine „Zuordnungsverwirrung“ ergeben.

So entschied am 12. September 2001 das Landgericht in Hannover im Fall einer privat angemeldeten Domain „www-verteidigungsministerium.de“ (AZ 7 O 349/01). Die Aussichten, dass die Volksinitiative ihren Domainnamen nach deutschem Recht behalten darf, sind daher gering. Zwar müht sich die Verteidigerin, der Angeklagten nachzuweisen, das Wort „Polizei“ könne gar kein geschützter Name sein, schon gar nicht in Brandenburg – die juristische Vermutung, dass unaufmerksam tippende Menschen unter dieser Adresse dennoch die Polzei Brandenburgs suchen, kann sie jedoch nicht schlüssig widerlegen. Die Zuordnungsverwirrung, meint weit überzeugender die Anklage, nehme sogar dadurch noch zu, dass die Volksinitiative selbst einen Link auf die offizielle Seite der Brandenburger Polizei gesetzt hat. Ihr Argument, die beiden Webangebote seien inhaltlich nicht zu verwechseln, trifft erst dann zu, wenn man beide Seiten angesehen hat. Genau das aber möchte der Innenminister des Landes verhindern.

Kritik im Exil

Das Gericht in Potsdam ist nicht zu beneiden. Immerhin steht die Meinungsfreiheit auf dem Spiel, und der Verdacht, dass die Klage des Ministeriums sich in Wahrheit nicht gegen den Webnamen, sondern den kritischen Inhalt der ganzen Website richte, ist nahe liegend. Die Volksinitiative ihrerseits besteht auf ihrer Domain. Der Vorschlag eines Forumsbeitrags, in dem eine durchaus freundlich gesinnte Schreiberin anregt, einen im Grunde besser zum Charakter der polizeikritischen Initiative passenden Domainmamen anzumelden, fand kein Verständnis. Das Wort „polizeibrandenburg“ scheint den Mitgliedern der Gruppe angesichts ihrer eigenen politischen Ziele schlicht unverzichtbar. „Mit der Volksinitiative wollen wir der Öffentlichkeit deutlich machen, wie weit es der Rechtsstaat schon gebracht hat“, lautet der erste Satz der Gründungserklärung.

Ganz sicher so weit, dass der Domainname als Privateigentum der Initative vor einem Gericht verteidigt werden kann. Allerdings fehlt den Initiatoren der Glaube an einen Erfolg an dieser Stelle des Rechtsstaats. Vorbeugend gegen das wahrscheinliche Urteil der Kammer haben sie die ganze Website auf einem amerikanischen Internetdienstleister gespeichert. Hinter der noch gültigen Adresse „www.polizeibrandenburg.de“ steht schon jetzt in Wirklichkeit die URL polizeibrandenburg.pigforce.com.

Die Firma stellt in flottem Design ihre Dienste allen möglichen Nutzern zur Verfügung. Nur in Deutschland lässt sich der Name „Pigforce“ in einen losen semantischen Zusammenhang mit dem Begriff „Schweinesystem“ bringen. Eine versehentliche Zuordnung zu der offiziellen Website der Polizei Brandenburgs dürfte damit aus juristischer Sicht nicht mehr gegeben sein. Allerdings stellt sich die weit delikatere Frage, ob das Gericht in Potsdam einer amerikanischen Firma untersagen kann, die Begriffe „Polizei“ und „Brandenburg“ wenigstens als Teile einer Webadresse zu verwenden. Wohl kaum. Die Domain der Volksinitiative wird wohl weiterhin von jeder Suchmaschine angezeigt, wenn man nach der Polizei Brandenburgs fragt.

niklaus@taz.de