Gentech gegen Öko

Biobauern befürchten Kontaminationen durch Pollen. Die Saatgutindustrie soll Haftungsfonds einrichten

BERLIN taz ■ Der zunehmende Anbau genmanipulierter Pflanzen stellt die ökologische Landwirtschaft vor große Schwierigkeiten. Pollenflug und die Einkreuzung gentechnisch veränderter Pollen auch über weite Entfernungen hinweg werden es kaum zulassen, dass auch zukünftig „gentechnikfreie“ Biowaren angeboten werden können, warnten gestern auf der Grünen Woche in Berlin Landwirtschaftsexperten, Ökologen und Juristen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Umweltbundesamtes (UBA) erarbeiten die Experten des Freiburger Ökoinstituts, des Schweizer und des deutschen Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) derzeit Szenarien zur Minimierung der gentechnischen Kontamination.

Fatal sei unter anderem, dass das Haftungsrecht bei wirtschaftlichen Schäden durch den Einsatz genmanipulierter Nutzpflanzen noch weitgehend ungeklärt ist. Zwar schreiben die EU-Regelungen vor, dass bei der Herstellung von Bioprodukten keine Gentechnik zum Einsatz kommen dürfe. „ Die einzige Ausnahme“ berichtete Hans-Jürgen Nantke, Fachbereichsleiter beim UBA, gebe es bei der Verwendung von Tierarzneimitteln. Zudem sehe die EU-Kennzeichnungsverordnung vor, dass bei unbeabsichtigten Kontaminationen bis zu einem Prozent keine Kenntlichmachung als Gentechnik-Ware notwendig sei.

Wer aber kommt bei einer unbeabsichtigten Verunreinigung für den Schaden auf? „Das regelt das Bürgerliche Gesetzbuch“, sagt Rechtsanwalt Andreas Hermann. Danach müsse ein Ökolandwirt Einwirkungen auf seine Kulturen durch Pollen nur dann dulden, wenn sie unwesentlich seien. Werden Grenzwerte überschritten, kann der Verursacher für den Schaden haftbar gemacht werden. „Nach heute geltendem Recht kann angenommen werden“, so Hermann, „dass die Haftung bei einem Grenzwert von einem Prozent greift.“

„Die Biobauern werden gegen ihre Nachbarn gestellt: Kampf aller gegen alle“, warnt der Rechtsanwalt. „Krieg auf den Dörfern“, so Andreas Krug vom Bundesamt für Naturschutz (BfN), „das wollen wir nicht.“ Diskutiert wird zurzeit, dass vorgeschriebene Sicherheitsabstände zwischen den Feldern, das können je nach Pflanzensorte bis zu 1.000 Meter sein, die Kontamination minimieren. Um die zusätzlichen Kosten abzudecken, auch für die notwendigen gentechnischen Analysen, so der Vorschlag der Expertengruppe, sollte die Saatgutindustrie einen Haftungsfonds einrichten.

WOLFGANG LÖHR