Hans Eichel entdeckt sein grünes Herz

Auf Einladung der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung spricht Eichel über die Ökosteuer und ist voll des Lobes. Derweil erlahmt die allgemeine Empörung und selbst Stoiber will die Steuer nicht ganz abschaffen, allenfalls etwas kappen

BERLIN taz ■ „Die Ökosteuer ist ein Erfolg.“ Und: „Die Ökosteuer beschleunigt die Innovation der deutschen Wirtschaft.“ Und schließlich: „Die Ökosteuer kann uns langfristig ein Stück Souveränität zurückgeben, weil sie den Verbrauch von Öl bremst.“ Drei Sätze wie von einem Grünen. Doch sie stammen von Finanzminister Hans Eichel (SPD).

Auf Einladung der Friedrich-Ebert-Stiftung sprach er am Mittwoch über die Steuer, die den Kanzler so sehr nervte, dass der sich zum Machtwort verleiten ließ: Nach 2003 sei Schluss damit. Doch Eichel ist voll des Lobes. Nur einem Einschub kann man entnehmen, dass er sie nicht fortsetzen will: Der Kanzler habe gesagt, dass der Mechanismus der jährlichen Ökosteuerschritte nicht weitergeführt werden solle, referierte Eichel – „und ich teile das ausdrücklich“. Man müsse halt etwas anderes tun, denn Energiesparen „bleibt auf der Tagesordnung“.

Einziger Nachteil der Steuer, so Eichel, sei ein „politisch-propagandistischer“: Mit jedem „kleinen“ Erhöhungsschritt breche der Protest wieder „voll“ aus.

Auch wenn Eichel höflich seinem Kanzler den Rücken stärkt, die Botschaft dahinter ist eindeutig: Von ihm aus könnte die Ökosteuer ruhig weiterlaufen. Auch in grünen Kreisen will man bereits „positive Signale“ aus dem Finanzministerium empfangen haben. Tatsächlich ist das „politisch-propagandistische Problem“ nicht mehr so groß. Weil der Rohölpreis jeweils zu Neujahr sank, blieben die Benzinpreise trotz Ökosteuer vergangenes Jahr unter zwei Mark und dies Jahr unter einem Euro. Entsprechend lau blieben die Proteste. Nachdem die CDU mit ihrer Wutkampagne zum Neujahr 2001 so hart auf die Nase gefallen war, versuchte sie es diesesmal gar nicht wieder.

Und während Eichel in Berlin die vielen Vorteile der Ökosteuer aufzählte, sprach der Kandidat Edmund Stoiber (CSU) vor der bayerischen Landtagspresse in München, er würde im Falle eines Wahlsieges die Ökosteuer nicht abschaffen. Allein die vorerst letzte Stufe zum 1. Januar 2003 wolle er „falls möglich“ zurückzunehmen. Vorsichtiger geht es nicht.

Stoiber ist klar, dass er die knapp 17 Milliarden Euro, die 2003 in die Rentenkasse aus der Ökosteuer fließen werden, nicht finanzieren kann. So wird SPD-Generalsekretär Klaus Müntefering ein Stein vom Herzen gefallen sein: Hier kann man seinen Kanzler nicht mehr attackieren.

Und die Grünen? Die wollen im Prinzip die Ökosteuer fortsetzen, auch wenn Parteichef Fritz Kuhn bei der Vorstellung des Konzepts für die Zeit nach der Wahl mehr als lau auftrat, und auch Fraktionschef Rezzo Schlauch kein rechter Fan ist. Doch neben den Umweltpolitikern setzt auch Parteipatriarch Joschka Fischer darauf, die Ökosteuer offensiv im Wahlkampf zu vertreten. Eine Fortsetzung ist offenbar noch möglich.MATTHIAS URBACH