Chef der Stadtplanung geht in Ruhestand

■ Detlef Kniemeyer gestaltete 35 Jahre lang Bremens Gesicht. Er war nicht immer unumstritten

„Wenn man in diesem Modell von der Stadt alles farbig machen würde, was in der Zeit von Detlef Kniemeyer neu gestaltet worden ist, bliebe kaum etwas weiß.“ Mit diesen Worten würdigte der frühere Baustaatsrat Eberhard Kulenkampff die Arbeit des Leiters des Bremer Planungsamtes, der nach 35 Jahren Dienst in den Ruhestand gehen wird. Kniemeyer kam 1966 in das Amt für Stadtplanuung, wurde 15 Jahre später dessen Leiter. Zu seiner Verabschiedung füllten gestern rund 200 Menschen den mit Glas überdachten Lichthof des alten Planungsamtes. Da steht das zwölf Meter lange Modell Bremens.

Neben den bei derartigen Gelegenheiten üblichen Höflichkeiten wurde aber auch der Streit, der in den letzten Jahrzehnten um die Bremer Stadtplanung tobte, deutlich. „Nie hat er als Vorgesetzter gebrüllt“, lobte Bausenatorin Tine Wischer (SPD), Kniemeyer sei manchmal aber auch „anstrengend stur“. Sogar die Architektur des Teerhofes ließe sich Kniemeyer nicht „kaputt reden“, sagte die Senatorin in Anspielung auf den aktuellen Konflikt über den scheidenden Stadtplanungs-Amtschef: „bremisches Urgestein, ich habe nicht gesagt: Backstein“.

Der Anstoß, die verblieben Lücke auf dem Teerhof mit einer signifikanten Bebauung zu schließen, war von dem Bremer Bauunternehmer Kurt Zech gekommen, der einen Entwurf des Hamburger Architekten Teherani präsentierte: Eine große Glasfassade sollte sich von der Backstein-Fassade des übrigen Teerhofes abheben, abends sollte die Weser so vom Licht der Büros erleuchtet werden, im Wasser sollte sich die Fassade spiegeln.

Kniemeyer wollte das alles nicht. Nach heftigem internen Streit ist nun nur noch davon die Rede, die neue Bebauung sollte „im Kontext“ der bestehenden erfolgen – ein dehnbarer Begriff. Beim Teerhof teile er Kniemeyers Konzept von Stadtarchitektur nicht, merkte auch Jürgen Lüthge, der als Staatsrat lange Jahre mit Kniemeyer stritt und zusammenarbeitete.

Und Lüthge plauderte aus, dass bei den Bauunternehmern, die am Vormittag das Richtfest des Grosse-„Kontorhauses“ gefeiert hatten (siehe nebenstehenden Bericht), als „schreckliche Nachricht“ die Runde machte, Kniemeyer werde noch ein paar Wochen weitermachen – bis der neue Bremer Stadtentwickler, der Hamburger Uwe Bodemann, im April sein Amt antrete. Den „Hochhausstreit“ erwähnte auch Bausenatorin Wischer – Kniemeyer hatte, als es um die Aufstockung des Siemens-Hochhauses ging, das Wort von der „Horizont-Verschmutzung“ benutzt. Ironie der Geschichte: Gegen den Widerstand Kniemeyers hat der Senat den Umzug der Bauämter in die tristen Etagen des Siemens-Hochhauses verfügt. Das war kein Akt der Stadtplanung, sondern der Wirtschafsförderung (für den Verkäufer Siemens). Stadtplanung mache keinen Spaß, erklärte der Präsident der Bremer Architektenkammer, Winfried Turk, wenn man wegen der Knappheit der Mittel nur noch „Erfüllungsgehilfe von Investitionsinteressen“ spielen dürfe.

Klaus Wolschner