Heilsamer Schock

Der Tag nach der verpatzten Wahl des rot-roten Senats: Abweichler bleiben in Deckung, die CDU hebt den Kopf

Der Tag danach. Die Wahl ist vorbei, die Suche geht weiter. Wanted: Heckenschützen, Abweichler, kritische Stimmen. Oder wertfrei jene acht in der SPD-PDS-Koalition, die zwischenzeitlich Spitzensozi Peter Strieder als Bausenator durchfallen ließen. Angeblich „eine Frau und ein Ossi“ aus den eigenen Reihen, war aus der SPD zu hören, die restlichen sechs seien bei der PDS-Fraktion zu suchen. Die Genossen sahen das anderes. „Das glaube ich einfach nicht“, sagte Fraktionsvize Carola Freundl. „Vielleicht war das aber auch ein heilsamer Schock.“

Ralf Hillenberg, SPD-Chef in Pankow und nach kritischen Äußerungen inzwischen einer der Verdächtigen, wies alles von sich. Er habe mit sich gerungen, aber für den Senat gestimmt. Rund eine Stunde hockte die Fraktion nach Strieders Scheitern zusammen. „Fassungslos“, beschrieb seine Kollegin Kirsten Flesch, sei die Atmosphäre hinter den Saaltüren gewesen. Ruhig und sachlich soll es zugegangen sein, jeder Zweite habe geredet, Strieder nicht.

Wahlpanne und Auszeit der Koalitionäre ließen die CDU aufleben. Fraktionschef Frank Steffel, der in der Parlamentsdebatte noch Christoph Stölzl das Mikro überlassen hatte, polterte los: „Supersenator Strieder ist für Charakterlosigkeit und Unaufrichtigkeit in der Politik abgestraft worden“ – und sollte als Parteivorsitzender zurücktreten. Von Abstrafen redete auch FDP-Chef Rexrodt, dessen Zukunft weiter offen ist. Grünen-Fraktionsprecherin Sibyll Klotz sah einen Denkzettel für Strieder und einen „glatten Fehlstart für Rot-Rot“, sorgte aber auch dafür, dass über grüne Hilfe bei einem Wahlgang zu spekulieren war: Der alte und neue Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bekam mindestens eine Stimme aus der Opposition – und Klotz hatte zuvor am Rednerpult noch Nettigkeiten über den SPD-Mann losgelassen. STEFAN ALBERTI