Haste mal ’n Dollar für Fidel Castro?

Kuba leidet unter Devisenknappheit. Seit dem 11. September kommen weniger Touristen und die Überweisungen der Exilkubaner werden weniger. Die Regierung verschiebt wichtige Investitionen, um die nötigen Importe bezahlen zu können

aus Havanna KNUT HENKEL

Um 3 Prozent wuchs die kubanische Wirtschaft im letzten Jahr – immerhin. Dadurch habe die Lebensqualität der Bevölkerung weiter zugenommen habe, sagte Wirtschaftsminister José Luis Rodriguez kürzlich in einer Rede. Das sehen allerdings lange nicht alle Kubaner so. 26 Peso muss in den Wechselstuben in Havanna derzeit für einen Dollar bezahlt werden. Anfang des Jahres waren es noch 22. Der Dollar ist knapp geworden in Kuba und demzufolge teuer.

Der Lokomotive der kubanischen Wirtschaft, dem Tourismus, ist seit dem 11. September der Dampf ausgegangen. Rund zwanzig Hotels wurden geschlossen. Private Vermieter locken mit Preisnachlässen, um an die begehrten Greenbacks heranzukommen, und auch die illegalen Zigarrenverkäufer lassen mit sich handeln. Die Nachfrage nach den edlen Havannas ist jedoch nicht nur im Inland gesunken, sondern auch im Ausland. Um rund 30 Prozent ist der Absatz der Corporacion Habanos S. A. zufolge zurückgegangen – das Geld sitzt den Liebhabern der erlesenen Rauchwaren nicht mehr so locker in der Tasche.

Gleiches gilt für die Auslandskubaner, die seit dem 11. September wesentlich weniger Dollars zu den Verwandten auf der Insel transferieren. Statt der Milliarde US-Dollar, die im Jahr 2000 auf diesem Wege ins Land flossen, waren es im letzten Jahr etliche Millionen US-Dollar weniger.

Die Dollarknappheit macht sich auch in den modernen Einkaufszentren in Havanna, die in den letzten Jahren entstanden um die zirkulierenden Greenbacks abzuschöpfen, bemerkbar. Kubaner mit prall gefüllten Einkaufstaschen bestimmten Anfang letzten Jahres noch das Bild vor den gläsernen Türen des Mercado Carlos Tercero im Zentrum Havannas. Nun wird oftmals nur das Notwendigste in dem modernen dreigeschossigen Einkaufspalast aus Stahl und Glas gekauft. Stereoanlagen, Videorecorder, Kühlschränke oder Mopeds bleiben zumeist unbeachtet, Lebensmittel, Speiseöl oder Körperpflegeutensilien werden gekauft.

Ariel Cabrisas hat Zahnpasta und Speiseöl im Einkaufszentrum gekauft, weil es beidesin den kubanischen Läden derzeit kaum gibt. „3 Dollar meines Lohns musste ich dafür ausgeben“, sagt der junge Mann. Knapp 200 Peso verdient er im Monat auf dem Bau.

Von Zeit zu Zeit zweigt er mit seinen Kollegen Baustoffe ab und verkauft sie auf dem Schwarzmarkt. „Uns bleibt gar nichts anderes übrig“, sagt er schulterzuckend und in vielen staatlichen Betrieben läuft es so. „Seinen Anteil nehmen“, wird das scherzhaft genannt, denn in Kuba gehört schließlich alles dem Volk. Vom Wirtschaftswachstum der letzten Jahre hat der 27-jährige Maurer kaum etwas mitbekommen. Sein Lohn wurde nicht spürbar erhöht und mittlerweile interessiert es ihn nicht mehr, was die Zahlen aussagen.Die weisen ein stetiges Wachstum seit 1995 aus – um gut 4 Prozent ist die kubanische Wirtschaft im Durchschnitt gewachsen. Beachtlich, wenn man die Werte mit anderen lateinamerikanischen Staaten vergleicht, wie es die Kubaner gerne tun. Aber das Niveau von 1989, dem letzten Jahr vor der tiefgreifenden Wirtschaftskrise, ist noch immer nicht erreicht. Und vor allem nicht der Lebensstandard.

Der Dollar ist auch in den Regierungskassen knapp. Nachlassende Nachfrage nach Nickel, Tabak oder Zucker ließen die Exporteinnahmen sinken, begründet Carlos Lage, Vizepräsident des kubanischen Staatsrats, die Devisenknappheit. Investitionen müssen daher zurückgestellt werden, um die notwendigsten Importe, vor allem Lebensmittel und Erdöl, finanzieren zu können. Allein die Importe an Lebensmitteln verschlingen alljährlich eine Milliarde US-Dollar, und an diesem Punkt wollen die Verantwortlichen ansetzen. Die Landwirtschaft soll produktiver und die Produkte besser werden, um den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben. Nur: Dieses Ziel haben die Verantwortlichen in den letzten Jahren immer wieder ausgegeben. Es ist aber kaum etwas geschehen.