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: Riesenwut

„David gegen Goliath – Der Aufstand gegen die Globalisierung“ (So., 23.45 Uhr, ZDF)

Über Globalisierungsgegner wird in den Medien meist nur berichtet, wenn es Randale gibt, wie in Prag, Quebec oder Genua. Doch wogegen protestieren diese Leute, die aus aller Welt zu Demonstrationen anreisen, eigentlich genau? Der renommierte Dokumentarfilmer Martin Keßler hat präzise recherchiert und schlägt demZeitgeist ein Schnippchen. „David gegen Goliath“ ist scharfe Analyse, während viele seiner Kollegen zunehmend betroffene Einzelfallberichte liefern. Keßler gelingt „große Politik“ auf die persönliche Ebene herunterzufahren, allgemeinverständlich zu machen.

Doch man muss nur den richtigen Leuten die richtigen Fragen stellen: Was hat die Privatisierung der Kölner Straßenkehrer mit den Entscheidungen der Welthandelsorganisation (WTO) zu tun? Warum ist es ein Resultat der Globalisierung, dass die südindischen Bauern Bobba und Duggampudi nicht mehr von den Erträgen ihrer Ernte leben können, sondern zu einem miesen Preis ihre Nieren verkaufen müssen? Wieso ist Sherman Crowder, der 28 Jahre als Stahlarbeiter in Cleveland gearbeitet hat, so sauer, dass er in Quebec demonstrierte? Und was haben die Kölner Straßenkehrer, die südindischen Bauern und der Amerikaner Sherman Crowder gemeinsam? Eine Riesenwut. Und damit hätten sie auch Recht, so Keßler. Die WTO treffe ihre Entscheidungen im Namen großer Geschäftemacher, die sich ausschließlich für ihre Gewinne und Dumping-Preise auf dem Weltmarkt interessieren. Wie Bobba, Duggampudi, die Kölner Straßenarbeiter und die amerikanischen Stahlarbeiter ihr Dasein fristen, sei den Entscheidern egal. Keßler dagegen hat sie alle besucht.

Dieser hintergründige Film über die aufkeimende Revolte, in einer Langfassung auf Arte im November gesendet, nahm sich im Fazit jedoch überraschend versöhnlich aus. Seit dem 11. September 2001 habe das Nachdenken begonnen, hieß es da. Ob dies wohl als eine Konzession an Sendeverantwortliche anzusehen war? Die neue Fassung, die am Sonntag im ZDF lief, endet jedenfalls weniger märchenhaft. Keßlers spannender Report ist hier bis zum bitteren Ende schlüssig durchgehalten. GITTA DÜPERTHAL