Proteste gegen Berlusconi

100.000 Menschen demonstrieren in Rom gegen die Pläne der Regierung, das Bleiberecht von Immigranten einzuschränken. Wer dann den Job verliert, wird schnell zum illegalen Einwanderer

aus Rom MICHAEL BRAUN

„Solo tre espulsioni – Bossi, Fini, Berlusconi!“ Eigentlich waren die mehr als 100.000 Menschen nach Rom gekommen, um für das Bleiberecht der in Italien lebenden Immigranten, gegen das neue, dem Parlament vorliegende Ausländergesetz zu demonstrieren. Aber in ihren Sprechchören forderten sie immer wieder „nur drei Abschiebungen“: die des Ministerpräsidenten und seiner beiden Partner Gianfranco Fini von der postfaschistischen Alleanza Nazionale und Umberto Bossi von der Lega Nord.

Exakt ein halbes Jahr nach der Auftaktdemo der Anti-G8-Proteste von Genua stand die Situation der in Italien lebenden Immigranten wieder im Zentrum einer Massendemonstration. Und wie in Genua war es ein Aktionsbündnis hunderter von Organisationen, das die Demo zum Erfolg werden ließ: NGOs; die im ganzen Land nach Genua entstandenen „Social Forums“; katholische Gruppierungen; die aus den „tute bianche“, den „Weißen Overalls“ hervorgegangene Bewegung der „Ungehorsamen“; die Metaller der Fiom und diesmal auch die Angehörigen des größten Gewerkschaftsbundes CGIL, dazu tausende Mitglieder der Linksparteien.

Anders als Genua sah Rom aber nicht eine Solidaritätsdemo der Italiener für die durch ein paar kleine Delegationen vertretenen Immigranten. Diesmal machten die Philippinos, die Senegalesen, Chinesen, Tunesier gut die Hälfte der Teilnehmer aus. Sie protestierten ebenso ironisch („schwarz vor Wut!“) wie lautstark gegen den Gesetzentwurf Bossi-Fini.

Mit dem neuen Gesetz will die Rechtskoalition Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis im so genannten „Aufenthaltsvertrag“ zusammenbinden – mit der direkten Konsequenz, dass ein Ausländer nach Verlust des Jobs binnen kurzem zum „illegalen Einwanderer“ wird. Seine Präsenz wird zum Verbrechen, bei Wiederholung mit bis zu vier Jahren Knast zu ahnden. Einer Kategorie von „Klandestinen“ wollen aber auch die regierenden Rechten entgegenkommen: dem Heer der Putzfrauen und Hausangestellten, das jetzt noch schnell legalisiert werden soll. Dieses „Entgegenkommen“ stieß unter den Demonstranten in Rom auf sarkastische Kommentare: „Nur so gefallen wir denen – als Leute, die ihre Scheiße wegmachen.“