Unnütze Strahlen

Studie: Für die Kommunikation brauchen Handys nur wenig Sendeleistung. Gros der Strahlen geht daneben

STOCKHOLM taz ■ Mobiltelefone mit außen liegender oder ausziehbarer Antenne sind dabei, ganz vom Markt zu verschwinden. Dabei wären gerade sie vorzuziehen: Sie strahlen bei weitem nicht so stark wie die offenbar beliebteren Handys ohne erkennbare Antenne. Das ist das Resultat einer aktuellen Studie des staatlichen schwedischen Strahlenschutzinstituts SSI. SSI hatte mit einer neuen Messmethode 23 verschiedene Modelle getestet.

Bis dahin war der Strahleneffekt von Handys in der Energiemenge bzw. Wärmeentwicklung gemessen worden, der der Benutzer beim Telefonieren pro Kilogramm Körpergewicht ausgesetzt ist (SAR-Wert). Damit lässt sich aber nur ermitteln, ob die – bislang relativ hoch angesetzten – Grenzwerte für Handystrahlung bei Maximalantennenleistung überschritten werden. Für eine Beurteilung der Strahlenbelastung im Praxisbetrieb ist das wertlos. Kein Handy arbeitet ständig auf Maximum.

Die Strahlenforscher vom SSI haben daher versucht, mit der so genannten Pattern Integrated Method (PIM) einen Normalbetrieb zu simulieren. Dabei wird das Handy an einem drehbaren Phantomkopf befestigt, eine Messantenne fängt die Strahlung unter unterschiedlichen Winkeln auf.

Die Ergebnisse zeigen extreme Unterschiede. Durchgängig wird nur ein Bruchteil des Sendeeffekts für die Kommunikation selbst gebraucht, das meiste geht entweder in der Telefonkonstruktion oder im Körper des Benutzers verloren. Manche Modelle waren dabei kommunikationstechnisch so ineffektiv, dass sich laut Gert Anger vom SSI die Frage stellt, „ob die überhaupt die Kriterien für ein GSM-Telefon erfüllen“.

Darunter fällt Panasonics EB-GD 92, das sehr gute SAR-Werte hat, aber meist schon mit Maximaleffekt senden muss, um die nächste Basisstation zu erreichen. Das belastet den Benutzer mit einer unnötigen Strahlenmenge. Ein anderes Handy verstrahlte 80 Prozent seiner Sendeeffektivität in den Kopf des Telefonierenden. Im Durchschnitt wurden nur 16 Prozent der aufgewendeten Sendeleistung für die eigentliche Kommunikation benutzt.

Für EntwicklerInnen von Mobiltelefonen gibt es noch viel zu tun. Anger: „Zwischen Telefon, Kopf, Hand und Umgebung findet eine komplizierte Wechselwirkung statt. Der Kopf absorbiert Strahlung nicht nur, er reflektiert sie auch wieder.“ Dadurch werde die Sendewirkung nochmals herabgesetzt. Das hätten offenbar nur wenige KonstrukteurInnen im Griff.

Einige davon sind offenbar bei Nokia zu finden. Für das Nokia 3210 wurde im 1.800-MHz-Betrieb die geringste Strahlenquote aller Modelle gemessen, das Nokia 3310 schnitt kaum schlechter ab – und das, obwohl beide Modelle die eigentlich ungünstigen eingebauten Antennen haben. Ebenfalls niedrige Strahlenquoten wurden für Siemens M 35, Motorola V.3688 und Ericsson R 310 gemessen. Vier bis siebenfach höhere Strahlenquoten hatten NEC DB 1400, Sony CDM 45, Ericsson R 320 und Ericsson T 28. In der Sonderausstattung mit ausziehbaren Antennen platzierten sich allerdings die beiden letztgenannten Ericsson-Modelle unter die ausgesprochenen Schwachstrahler.

Tests bei 900-MHz-Betrieb brachten eine teilweise andere Reihenfolge und zeigten nicht so massive Unterschiede. Hier lag das Samsung SGH-A100 vor verschiedenen Ericsson-Modellen und dem Siemens M 35. Die hier am wenigsten effektivsten Modelle, Sony CDM 45, Panasonic EB-GD 92 und Motorola V.3688 hatten aber immerhin auch noch eine drei bis vierfach schlechtere Strahlen-Nutzen-Quote als das Spitzenmodell.

REINHARD WOLFF

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