Kreuz gegen Preußenadler

Morgen besprechen Potsdams Stadtverordnete das Kirchenkonzept zum Wiederaufbau des Turms der Garnisonkirche. Der Sponsor will kein Geld geben, wenn ein „Versöhnungszentrum“ entsteht

von PHILIPP GESSLER

Wes Brot ich ess, des Lied ich sing – geht es nach der evangelischen Kirche, soll es beim Potsdamer Dauerbrenner „Garnisonkirche“ nicht so enden. Morgen will die Stadtverordnetenversammlung der brandenburgischen Landeshauptstadt über das Konzept der Kirche für den Turm des 1968 gesprengten Gotteshauses debattieren. Doch selbst wenn, was erwartet wird, die Stadtverordneten der Idee der Kirche zustimmen, im wieder aufzubauenden Turm ein „Versöhnungszentrum“ einzurichten: Scheitern könnte das Konzept nach wie vor an der „Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel“. Dieser Verein nämlich hat zwar Geld für den Wiederaufbau der Garnisonkirche gesammelt. Für ein „Versöhnungszentrum“ nach den Vorstellungen der Kirche aber will die „Traditionsgemeinschaft“ nicht spenden.

Der Streit um die Garnisonkirche währt nun schon Jahre und hat eine lange Vorgeschichte: Im Jahre 1731 begann unter dem „Soldatenkönig“ die Errichtung des barocken Gotteshauses. Später waren der Sarkophag Friedrichs I. und der seines Sohnes, des „Alten Fritz“, in der Gruft der Kirche untergebracht. Vor allem deshalb entwickelte sich die Kirche später zur Weihestätte preußischer Militärfreunde. Im März 1933 feierte der gerade ernannte Reichskanzler Hitler hier beim „Tag von Potsdam“ den Schulterschluss mit der preußisch-konservativen Staatselite. Bei Bombenangriffen wurde die Kirche stark zerstört. 1968 ließ die SED die Ruine als Symbol des preußischen Militarismus sprengen.

Seit Jahren bemüht sich nun die „Traditionsgemeinschaft“ darum, Spenden für den Wiederaufbau des Sakralbaus zu sammeln. Bisher hat sie über 5 Millionen Euro eingenommen – was für die Errichtung zumindest des Turms ausreichen würde. Die Kirche und die Stadtoberen aber befürchten, ein wieder aufgebauter Turm könnte zur Pilgerstätte von Neonazis und alten Kameraden verkommen. Nach jahrelangen Diskussionen hat deshalb die Kreissynode im vergangenen Herbst ein Konzept für die Einrichtung eines „Versöhnungszentrums“ im Turm der Kirche erarbeitet. Das sichtbare Zeichen für die Umdeutung der Garnisonkirche sollte dabei das Nagelkreuz von Coventry auf der Turmspitze sein – ein bekanntes pazifistisches Symbol.

Die „Traditionsgemeinschaft“ aber will sich damit nicht anfreunden. Sie verlangt, dass wieder der preußische Adler die Turmspitze krönt. Andernfalls sei man nicht bereit, der Kirche das Geld für den Wiederaufbau des Turms zur Verfügung zu stellen.

Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), Schirmherr des Projekts und ein Verfechter des Wiederaufbaus samt Preußenadler, mahnt zur Einigung: „Wir sind zum Erfolg verpflichtet.“