UNO lässt Rückkehrer in Goma im Stich

UN-Welternährungsprogramm verweigert Nahrungsverteilung in der zerstörten Stadt. Tote bei Tankstellenexplosion

BERLIN taz ■ Das UN-Welternährungsprogramm WFP hält 1.000 Tonnen Lebensmittel in der kongolesischen Stadt Goma unter Verschluss, obwohl die Bevölkerung der von einem Vulkanausbruch zu großen Teilen zerstörten Stadt dringend Hilfe benötigt. „Wir verteilen keine Lebensmittel“, bestätigte die örtliche WFP-Sprecherin Laura Melo gestern der taz. „Wir wollen die Leute nicht dazu ermutigen, nach Goma zurückzukehren.“

Die meisten der 250.000 Bewohner Gomas, die kurz vor dem Vulkanausbruch am Donnerstag über die nahe ruandische Grenze in die Stadt Gisenyi geflohen waren, kehrten aber am Sonntag und Montag nach Goma zurück, weil sie auch in Gisenyi von der UNO nicht versorgt wurden. Die UNO hatte versucht, sie in abgelegene spezielle Flüchtlingslager zu stecken. Auf eine Kapazität von 650.000 Menschen angelegt, sammelten sich aber lediglich 5.000 in diesen Lagern.

Die Rückkehrer in Goma sind größtenteils mittellos und auf Hilfe angewiesen. Die 1.000 Tonnen Lebensmittel des WFP, nach Angaben aus dem WFP-Hauptquartier in Rom hauptsächlich Getreide und Bohnen, wurden vor dem Vulkanausbruch im Rahmen der UN-Hilfe für Kongos Kriegsvertriebene nach Goma geliefert. Entgegen ersten Befürchtungen überstanden sie den Vulkanausbruch vom 18. Januar unbeschadet. Melor bestätigte, dass sie sich in einem Lagerhaus im unzerstörten Westteil Gomas befinden. „Sie können schnell mobilisiert werden“, sagte sie.

Das WFP wolle aber nur außerhalb Gomas, zum Beispiel in der 30 Kilometer entfernten Stadt Sake oder in der 300 Kilometer entfernten Stadt Bukavu am anderen Ende des Kivu-Sees, Lebensmittel verteilen. „Es könnte weitere Vulkanausbrüche oder Erdstöße geben“, rechtfertigte Melor die Haltung des WFP. „Außerdem haben die Leute kein gutes Wasser, um Essen zu kochen. Und die Luftqualität ist schlecht.“

Das erzürnt andere Hilfswerke in Goma. Karl Ginter, lokaler Vertreter der Deutschen Welthungerhilfe (DWHH), weist darauf hin, dass seine Organisation zwei Tankfahrzeugladungen Trinkwasser in Goma vorrätig habe, aber nicht verteilen dürfe, weil auf Insistieren der UN hin erst Wasserproben in Ruandas Hauptstadt Kigali analysiert werden müssen. Das ebenfalls aktive Komitee Cap Anamur hat nach Angaben seines Goma-Vertreters Lothar Winkler zunächst 100.000 Dollar zur Verfügung, mit denen es von Bauern in Ruanda und Ostkongo Mais und Bohnen zwecks Verteilung an Bedürftige ankaufen will. Die Summe reicht jedoch nur für 25 Tonnen Bohnen.

Nach wie vor sind in Goma fast die gesamte Innenstadt und zahlreiche Außenviertel verwüstet. Zumindest wurde am Sonntagabend die Stromversorgung wiederhergestellt. Die DWHH setzt Lastwagen, Bulldozer und Räumgeräte – mit denen sie sonst in ländlichen Teilen der Region Straßen baut – in Goma einzu, um Lava von den Straßen zu räumen. Sie plant provisorische Übergänge über die bis zu 500 Meter breite Lavamasse, die vom Vulkan Nyiragongo quer durch das Stadtzentrum bis an den Kivu-See reicht und Goma in zwei Teile teilt. Zu all diesen Aktivitäten tragen die UN-Unterorganisationen nichts bei.

Die Dringlichkeit, mehr Sicherheit für die Menschen in Goma zu schaffen, wurde gestern früh durch die Explosion einer Tankstelle unterstrichen. Unterschiedlichen Angaben kamen dabei zwischen 30 und 100 Menschen ums Leben. Nach Berichten aus Goma hatten Kinder Treibstoffkanister mitnehmen wollen und kippten das darin enthaltene Diesel, mit dem sie nichts anfangen konnten, einfach aus. Das habe sich entzündet, woraufhin die gesamte Tankstelle in die Luft geflogen sei. DOMINIC JOHNSON