Günstiges Klima für Euroausdehnung nach Norden

Die Regierungen in Dänemark und Schweden planen neue Referenden über die Euroeinführung. Umfragen zeigen weniger Skepsis als zuvor

STOCKHOLM taz ■ Vor knapp fünfzehn Monaten lehnten die DänInnen den Euro ab, und in fünfzehn Monaten können sie schon wieder gefragt werden. Dänemarks neuer Außenminister Per Stig Möller kündigte in der vergangenen Woche als eines seiner ersten Ziele die Abhaltung einer Eurovolksabstimmung für 2003 an: Vermutlich würden da nämlich auch die SchwedInnen und BritInnen zu den Urnen gerufen werden.

Möller ging gleich noch ein Stück weiter. Nicht nur der Dänenkrone soll das EU-störrische Volk Adieu sagen, sondern auch gleich den übrigen „Ausnahmen“ für Dänemark im Maastricht-Vertrag: der militärischen Zusammenarbeit, den überstaatlichen Beschlüssen in rechtlichen und polizeilichen Fragen und der Unionsmitbürgerschaft. Vor den Parlamentswahlen 2004 will die Regierung mit allen diesen dänischen Besonderheiten „aufgeräumt“ haben.

Der Außenminister in Kopenhagen hofft, dass die Dänen zu Jasagern werden. Aktuelle Meinungsumfragen lassen vermuten, dass sich die Mehrheitsverhältnisse vom September 2000 – 53,1 Prozent Nein, 46,9 Prozent Ja – in eine leichte Ja-Mehrheit verschoben haben: „Damals war das eine theoretische Abstimmung. Jetzt ist die gemeinsame Währung eine Realität, und es handelt sich nur um die Frage, wann genügend praktische Erfahrungen mit dem Euro vorliegen, dass man das Volk darüber abstimmen lassen kann“, so Möller.

Ähnlich kalkuliert auch die EU-freundliche Regierung inSchweden. Meinungsumfragen signalisieren derzeit ein leichtes Pro-Währungsunions-Übergewicht, was es möglichst bald auszunutzen gilt. Schwedens Ministerpräsident Göran Persson hat es besonders eilig und brachte den Herbst 2002 für ein Referendum ins Gespräch. Das aber scheiterte am Widerstand der Gewerkschaften und seiner sozialdemokratischen Partei: Erst einmal müssten Regeln verabschiedet werden, um zu sichern, dass die schwedische Wirtschaft konkurrenzfähig bleibe. Denn die Abwertung der Schwedenkrone ist mit dem Euro nicht mehr möglich. Die entsprechenden steuer- und arbeitsrechtlichen Anpassungen sind aber ebenso wie die geplanten „Bufferfonds“, mit denen ungleichmäßige Konjunkturentwicklungen ausgeglichen werden sollen, nicht vor nächstem Jahr unter Dach und Fach zu bekommen. 2004 lautet jetzt die Zielmarke der Regierung für eine Volksabstimmung, was eine Euroeinführung zum 1. Januar 2006 möglich machen könnte. EU-Kommissionspräsident Romani Prodi hat diese „neuen positiven Töne“ aus dem EU-skeptischen Norden schon ausdrücklich „begrüßt“.

KritikerInnen der Regierungslinie in Schweden weisen darauf hin, dass sich das wichtigste Argument pro Euro erledigt hat: die angebliche Anfälligkeit der schwachen Schwedenkrone. Die ist in ihrem Wert gegenüber Euro wie Dollar seit Jahreswechsel massiv gestiegen. In Dänemark warnen selbst EU-Freunde vor einer allzu schnellen Gangart. Mute man ihnen zu bald zu viel zu, könnten die DänInnen durchaus mit einem glatten „Nein!“ vom Euro bis zu den Maastricht-Ausnahmen reagieren. Und ein Nein zu wesentlichen Bestandteilen der EU-Verfassung in einem Jahr, wo die Union den Schritt zur nächsten Verfassung machen will, setze die EU-Mitgliedschaft Dänemarks insgesamt aufs Spiel.

Kopenhagen hofft dagegen auf positive Stimmung, wenn Dänemark ab Juli routinemäßig die EU-Präsidentschaft übernimmt. Man hofft mit der dänischen Ratspräsidentschaft die Bedeutung auch eines kleinen Mitgliedslands demonstrieren und mit dem erfolgreichen Abschluss der Osterweiterung auch Punkte des Heimatpublikums sammeln zu können.

REINHARD WOLFF