William's B-Movie

■ „MacBeth“ kolumbianisch – als Drogen-Thriller „The New Gangster's B.F.A.“

„Im Theater gewesen. Habe es mir schlimmer vorgestellt.“ So oder so ähnlich werden sie es am nächsten Tag am Pausenhof erzählen. Vorangegangen war die Pflichtlektüre, klassischer Weise „MacBeth“. Danach dann der Theaterbesuch mit der ganzen Klasse. Das Schauspielhaus am Montag Abend – ausverkauft.

Gegeben wurde „MacBeth“, allerdings unter anderem Titel: „The New Gangster's B.F.A.“ nannte die kolumbianische Theatergruppe „Teatro Hora 25“ ihre Version der Shakespeare-Tragödie, die sie im Kolumbien von heute spielen ließen. Die Shakespeare-Dialoge haben sie in spanischen Gangster-Slang übersetzt, die Übersetzung dieser Dialoge in's Deutsche erscheint auf einem Bildschirm über der Bühne. Das „MacBeth“-Personal und der Verlauf der Handlung bleiben gleich. Aber der Style, der ist ein anderer.

Ein Stuhl, darauf ein Gangster im Leinenanzug. Fünf Gangster stehen außenrum, brüllen „Verrat“ und pressen dem auf dem Stuhl ihre Knarren an den Kopf: So sehen Anfangsszenen von B-Movies aus, so startet auch der „MacBeth“ des „Teatro Hora 25“. MacBeth heißt bei ihnen Pedro, Banquo heißt Banquo, beide sehen sie aus wie Quentin-Tarantino-Gangster und bewegen sich, als wären sie aus einem Michael-Jackson-Video gefallen. Banquo gibt sogar Tanzeinlagen zu „Sweet Dreams“ und zu – wer hätte das gedacht – „Gangster's Paradise“.

Shakespeares neue Gangster sind Pop-Figuren, energiegeladen, überdreht und überzeichnet: Der „MacBeth“ des „Teatro Hora 25“ ist Satire und Comic, er ist Tanztheater und Groteske, eine Tragödie ist er nicht. Gefeiert wird die Oberfläche, und das lautstark und mit Verve. Die Kolumbianer haben ihre „MacBeth“-Show perfekt choreographiert und effektvoll in Szene gesetzt, ihre Sache ist der Beweis, dass sich Shakespeare als Drogen-Thriller inszenieren lässt. Das klappt – die Frage ist nur: Was bringt's?

Einen unterhaltsamen und recht einfach gestrickten Abend, eine Inszenierung, die nicht nach der Psychologie der Figuren fragt, sondern sich auf das Handeln und seine Folgen beschränkt. Dementsprechend haben die Kolumbianer auch für das Mystische in „MacBeth“ eine kurze und griffige Erklärung: Die drei Hexen sind nichts anderes als eine Drogenhalluzination, und Lady MacBeth schmiedet ihre Mordpläne bei einem Joint. Schräge Gedanken, so muss man schließen, kommen durch Drogen in die Welt.

Das leuchtet ein – und zwar so schnell, dass man es sofort auch wieder vergisst. Klaus Irler