Olympia: Bislang nur Portokosten

■ Hamburg will an norddeutscher Olympiade festhalten, auch wenn Experten abraten. Im Notfall dürften Partner wie Bremen trotzdem draußen bleiben

Ratschläge, die von Roland B. kommen, stehen in Bremen traditionell hoch im Kurs. Aber diesmal kamen die Äußerungen nicht vom Unternehmensberater Roland Berger und dürften in Bremen Anlass zum Verdruss geben: Roland Baar ist eines von drei deutschen Mitgliedern im Internationalen Olympischen Komitee (IOC). Im Interview mit dem Weser Kurier rät der dreifache Ruder-Olympiasieger der Berwerberstadt Hamburg, die Spiele 2012 so zentralisiert wie möglich zu planen, statt einzelne Wettbewerbe auszulagern – zum Beispiel nach Bremen. „An Hamburgs Stelle würde ich versuchen, die Auslagerung zu vermeiden“, sagte Baar. „Das bringt zwar der Region etwas, aber nicht der Bewerbung.“

Die Spiele in Atlanta wären wegen zu großer Entfernungen fast zum Desaster geworden, erinnert Baar. Deshalb seien kurze Entfernungen ein wichtiger Pluspunkt für die Bewerber – auch bei der Kandidatenkür des Nationalen Olympischen Komitees (NOK). Schließlich müsse das Gremium die internationalen Qualifizierungschancen im Auge behalten.

Das Aus für Bremer Träume von einer Beteiligung im Rahmen einer Hanse-Olympiade? Keineswegs. In Hamburg nimmt man die Äußerungen des Deutschen Olympia-Granden nämlich sportlich-locker. Sportamtsleiter Hans-Jürgen Schulke sagt, Hamburg biete ein Konzept „wie seit 50 Jahren nicht mehr. Durch die neu zu bauende Hafen-City würden 90 Prozent aller Sportstätten weniger als zehn Kilometer vom olympischen Dorf entfernt liegen – und dazu noch in der Innenstadt. „Welche Stadt hat schon solche innerstädtischen Flächen zu bieten?“, fragt Schulke. Und selbst die Bremer Stadthalle, für das Volleyballturnier im Gespräch, sei mit der Eisenbahn in 42 Minuten vom olympischen Dorf aus zu erreichen, in zehn Jahren mit modernen Trassen und Zügen wahrscheinlich sogar noch schneller.

Außerdem sieht Schulke im Hamburger Konzept auch echte Vorteile für das Bewerbungsverfahren: Durch die Regionalisierung werde die „olympische Begeisterung“ gestärkt, statt fünf gleich fünfzehn Millionen Sportfans erreicht. Und schließlich spreche das Argument der Nachhaltigkeit für die Einbeziehung der Region. „Natürlich können wir in Hamburg auch noch für eine halbe Milliarde Euro zwei weitere Großhallen bauen“, sagt Schulke. Aber beim IOC wolle man weg vom Gigantismus. „Es ist doch weder ästhetisch noch funktional, was da in Sidney übrig geblieben ist“, findet Schulke. Hallen und Stadien vor der Stadt machten jetzt mit Dumping-Preisen traditionellen Sportstätten das Geschäft kaputt. Die Auslastung bestehender Veranstaltungsorte in der Umgebung Hamburgs sei viel rationaler.

Trotzdem, die Hamburger wollen auf Nummer sicher gehen. In ihrer Bewerbung wird es deswegen eine Option geben: Hamburg bietet Spiele unter Einbeziehung der Region an, sichert aber gleichzeitig zu, die Olympiade auch allein ausrichten zu können – bis auf die Wettbewerbe, die aus geografischen Gründen außerhalb der Hansestadt stattfinden müssen. „Wir sind da flexibel“, sagt Schulke, „zur Not machen wir auch den Marathonlauf unter der Elbe – den alten Elbtunnel immer auf und ab.“

Bremen bleibt gelassen. „Die Hanse-Olympiade war ja nicht unsere Idee“, sagt Markus Beyer, Sprecher des Sportressorts, „die Hambuger sind auf uns zugekommen.“ Nun warte man in aller Ruhe ab, getreu dem olympischen Motto „Dabeisein ist alles“. Natürlich erhoffe man sich „Sekundäreffekte“. Die Expo habe ebenfalls in die Region gestrahlt. Wenn es mit Olympia nicht klappe, sei das auch nicht schlimm, schließlich habe man „bis auf das Porto für die Zusage an Hamburg“ noch keine Kosten gehabt.

Unterdessen streben immer mehr Standorte ins Olympia-Boot: Das niedersächsische Innenministerium schlägt in einer Liste die Einbeziehung der Stadien von Hannover, Braunschweig, Wolfsburg und Osnabrück, die Hannoveraner Preussag-Arena, die Braunschweiger Volkswagen-Halle, Kanu-Anlagen und ein Military-Zentrum vor. Große Hoffnung macht sich die „Reiterstadt“ Verden auf eine Ausrichtung der Dressur-Wettbewerbe. Vorteil: Wie Bremen könnte Verden gerade noch, wie vom IOC gewünscht, innerhalb einer Stunde vom Olympischen Dorf aus erreichbar sein.

Jan Kahlcke