Jetzt geht's um die Wurt

■ Denkmalschutz adé: Das Haus der Keramikkünstlerin Auguste Papendieck wurde Opfer eines Abrissbaggers

„Heute morgen haben sie noch gesagt, sie machen nur Entrümpelungsarbeiten. Jetzt reißen sie schon ab.“ Bettina Meyhoefer schaut aus ihrem Fenster über die Straße, wo der Bagger die Wände des im 19. Jahrhundert gebauten Bauernhauses einknickt. Das weißverputzte kleine Eckhaus mit Krüppelwalmdach war nicht nur typisch für die frühe Bebauung in Achterdiek. Es war auch 40 Jahre lang die Wohn- und Arbeitsstätte der 1950 gestorbenen bundesweit bekannten Bremer Keramikkünstlerin Auguste Papiendieck gewesen. „Wir wollten dieses Haus erhalten“, sagt die Nachbarin.

Der Widerspruch gegen die Abrissgenehmigung, den Anwohner noch in letzter Minute eingereicht hatten, half nichts. „Der hat keine aufschiebende Wirkung und wäre außerdem sowieso zurückgewiesen worden“, sagt Holger Bruns, Sprecher im Bremer Bauressort.

Denn das Haus stand nicht unter Denkmalschutz. „Das war schon verändert und außerdem in seiner Erscheinung absolute Massenware“, rechtfertigt Bremens oberster Denkmalschützer Georg Salecki den Abriss. Auch Auguste Papendieck habe das Haus nicht wertvoller gemacht: „Dass eine Person eine Zeitlang darin gelebt hat, reicht nicht aus.“

Die Anwohner hingegen sind der Meinung, dass die Bedeutung der Künstlerin völlig unterschätzt werde. Diese sei nicht nur die erste Töpfer-Meisterin Deutschlands, sondern auch eine der Protagonistinnen der klassischen Moderne gewesen, sagt Uta Bernsmeier, wissenschaftliche Leiterin der Keramik-Abteilung im Focke-Museum. „Papendieck hat aus dem Handwerk eine Kunstgattung gemacht“, betont sie. Zwar sei das Haus architektonisch nicht von besonderem Rang, die Werkstatt und das Wohnhaus der Künstlerin jedoch noch unverändert gewesen. „Was man mit so einem Haus machen konnte, das war noch gar nicht klar.“ Überlegungen des Focke-Museums, sich dort in irgendeiner Form zu engagieren, habe es allerdings nicht gegeben.

Auch der Bremer Chef-Archäologe Manfred Rech fand das Haus „generell erhaltenswert.“ Noch mehr allerdings interessiert ihn der Siedlungshaufen darunter. Diese sogenannte Wurt, die noch heute zwei Meter über das Straßenniveau herausragt, will er jetzt unter die Lupe nehmen. Ziel der Untersuchung: herauszufinden, ob der Achterdiek erst im Mittelalter oder schon früher besiedelt wurde. Rech: „Darüber wissen wir noch gar nichts.“ hoi