pampuchs tagebuch
: Nirgendwo im Internet

Drei Filme habe ich in der letzten Woche gesehen. Musste sein, Weihnachten und Skifahren werfen einen ja immer ziemlich zurück. Und nichts ist schlimmer, als auf geselligen Abenden zu sitzen, alle reden über einen Film, und man selber versteht nur Bahnhof, weil man nicht einmal weiß, ob der Ehemann nun moralisch gehandelt hat oder eben doch nicht und ob der alte Guerillero nun erkannt hat, dass er dem Kampfhund immer ähnlicher wird, und deswegen eben auch moralisch war oder eben doch nicht. Blöd sitzt man dabei, stochert in den Cannelloni und ist wieder mal hinter dem Mond. So geht das seit Wochen. „Amores Perros“ ist derart abgefeiert, dass inzwischen nur noch die moraltheologischen Implikationen diskutiert werden können. Als Dessert sozusagen.

Na und „Mulholland Drive“? Da ist es ein bisschen einfacher, weil den eigentlich niemand verstanden hat, so dass man – auch ohne ihn zu kennen – ziemlich kompetent dazu bemerken kann, dass sei ja nun bei David Lynch wirklich nichts Neues, der lege es ja bekanntermaßen drauf an. Dennoch juckt's einen natürlich schon, zu wissen, in welchem Maße man nichts versteht und ob die anderen vielleicht nicht doch zu blöd sind, um den Lynch auf die richtige Weise nicht zu verstehen. Und dann war ja langsam auch zu „Nirgendwo in Afrika“ eine Meinung gefragt, schließlich hat der Film inzwischen schon beim Bayerischen Filmpreis abgeräumt.

Aber so weit, dass man sich all die Filme, über die man redet, auch ansehen muss, muss es nicht kommen. Schließlich gibt es diese www.s, die inzwischen bei fast jedem Film schon in der Reklame stehen. Bei ein paar Rennern wie „herrderringe-film.de oder www.blairwitch.com sollen ja erst sie den Erfolg überhaupt erwirkt haben.

Was aber, wenn man das Netz zur Abrundung eines Filmerlebnisses zu Rate zieht? Ich habe mir probeweise www.amoresperros.com, mulholland-drive.com und nirgendwo-in-afrika.de angesehen und dabei nur Ärger erlebt: Warterei auf wacklige Bilder, verzweifeltes Runterladen von irgendwelchen „Flashplayers“, „Fehler beim Suchen des Objekthandlers“ und dazu fünf Totalabstürze. Passend lief dazu meist die Gruselmusik aus „Mulholland Drive“, die beim Laden der simpelsten Pressclips erscholl und sich dann nicht mehr abschalten ließ.

Immerhin verdanke ich amoresperros.com ein paar Definitionen der Liebe auf Englisch („a sense of underlying oneness“ und Spanisch („amor es perros“). Ansonsten aber Werbelyrik, ein Fotos, „Bios“, „Sounds“ und Trailer, die einen aus jedem Kino laufen ließen. Nirgendwo-in-afrika.de entblödet sich nicht, auch noch ein Gewinnspiel anzubieten: „Gewinnen Sie eine exotische Keniareise für 2 Personen oder gar einen endlosen Urlaub auf Ihrer eigenen Farm in Afrika! Durch das Bewirtschaften der Online-Simulationsfarm können Sie spielerisch beweisen, dass Sie für ein Leben auf dem schwarzen Kontinent in Ihrem eigenen Domizil gerüstet sind.“ Angesichts der Filmstory sollte Constantin erwägen, ob vielleicht ein „Online-Simulations-KZ“ vorzuschalten wäre. Schließlich haben es ja nicht alle Flüchtlinge vor den Nazis auf die Farm in Kenia geschafft.

Für seriöse Netzinformationen zu Filmen gibt es übrigens weiterhin die „movie database“ unter www.us.imdb.com.

THOMAS PAMPUCH

ThoPampuch@aol.com