Kein Geld für den EU-Konvent

Parlamentarier sollen über die Reform der Union beraten, doch dass sie dafür auch ausreichend Mittel brauchen, daran haben die Regierungschefs nicht gedacht. Unklar ist auch, wie viel Aufwandsentschädigung Konventsleiter Giscard d‘Estaing erhält

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Wo der Pferdefuß versteckt sein könnte, fragten sich viele Beobachter schon im Dezember auf dem Gipfel von Laeken. Damals hatten die Staats- und Regierungschefs einen EU-Konvent aus der Taufe gehoben, der über die künftige Verfassung der Union nachdenken soll. Am 1. März soll das Gremium aus Parlamentariern und Regierungsvertretern die Arbeit aufnehmen und in einem Zeitraum von maximal zwei Jahren einen Reformvorschlag erarbeiten.

Fünf Wochen vorher zeigt sich nun der Pferdefuß: Die Chefs haben vergessen, das nötige Kleingeld bereit zu stellen. Das Ratssekretariat in Brüssel, wo die Aktivitäten der Mitgliedstaaten zusammenlaufen, bemüht sich derzeit hektisch, eine Arbeitsstruktur für den Konvent auf die Beine zu stellen. Die für Finanzen zuständige EU-Kommissarin Michaele Schreyer lässt ihren Sprecher lakonisch erklären: „Um Geld für den Konvent auszugeben, wird eine gesetzliche Grundlage gebraucht, sonst zahlt die Kommission keinen Pfennig. Diese Grundlage fehlt bislang.“

Fünf Millionen Euro braucht der Konvent in diesem Jahr nach Schätzung eines Ratssprechers. Heute wollen sich die EU-Botschafter in Brüssel zusammen setzen, um zu beraten, ob das Geld aus dem laufenden EU-Etat abgezweigt werden muss oder als zusätzliche zwischenstaatliche Finanzspritze aufgebracht wird. Das allerdings würde die Kommission nicht gern sehen. Sie befürchtet, dass die ursprünglich als unabhängiges Reformgremium geplante Institution finanziell und strukturell an der kurzen Leine der Regierungschefs hängen wird.

Valérie Giscard d‘Estaing, der designierte Präsident des Konvents, traf gestern Nachmittag in Brüssel ein, um sein Sekretariat zusammenzustellen. Diese soll die Vorbereitung von Texten und Tagesordnungen wesentlich beeinflussen wird. Es wird, um Kosten zu sparen, vermutlich aus freigestellten Beamten der Parlaments- und der Ratsverwaltung bestückt werden.

Die Brüsseler Korrespondenten haben sich in den vergangenen Tagen mit der pikanten Frage befasst, wo der alte adelige Exstaatspräsident wohl standesgemäß untergebracht wird. Angeblich soll er eine ständige Fünf-Sterne-Suite in einem teuren Brüsseler Hotel verlangt haben. Die Aufwandsentschädigung von 20.000 Euro pro Monat, die er angeblich für seine Bemühungen fordert, wollte gestern weder die Kommission noch der Minsterrat bestätigen. Kommissionssprecher Jonathan Faull wies darauf hin, dass d‘Estaing damit in die Gehaltsklasse vom Kommissionspräsident Romano Prodi aufrücken würde. Im Rat wurde betont, dass der Präsident des Grundrechte-Konvents, Roman Herzog, lediglich Reise- und Hotelkosten abgerechnet habe. Er sei allerdings damals nicht von den Staats- und Regierungschefs ernannt, sondern aus der Mitte des Konvents gewählt worden. Alle Beteiligten stehen nun unter enormem Zeitdruck, wenn der Ruf des Konvents nicht beschädigt werden soll, bevor er überhaupt mit der Arbeit begonnen hat.