Königsdrama: Otto I.

■ Unmöglich: Neue Kultursenatorin will Fußballfan zum „Faust“-Fan umerziehen

Dana Horakova, Kultursenatorin der Stadt Hamburg, sagte gestern, was ihr politisches Ziel ist: „Ich möchte, dass auch Fußballfans in eine Faust-Inszenierung gehen.“ Sehr hehr, sehr nobel. Aber leider ohne Chance auf Umsetzung. Damit übernimmt sie sich. Das schafft sie nicht. Nie, nie würde ein Fußballfan in ein Theaterstück gehen. König der Löwen, das ist das Äußerste, was man einem Fußballfan an Kultur antun kann. Vielleicht noch Euro-Disney. Aber doch nicht Warten auf Godot. Wann wird dieser blöde Godot denn endlich eingewechselt? Der läuft sich doch schon seit Stunden an der Außenlinie warm. Für den Fußballfan taucht Faust nur in so schönen Worten wie Faustabwehr und Faustkampf auf, Becker-Faust nicht zu vergessen.

Fußballfans, das weiß Frau Horakova aus ihrer Zeit beim Zent-ralorgan des deutschen Fußballs, der Bild, genau, sind rund um die Uhr mit Vollbier abgefüllt, vorzugsweise Astra, weil Becks oder Jever zu intellegell, neh, wie heißt das noch mal, intellektuell wäre. Alle Fußballinteressierten ziehen gerne, wenn sie mal ein Stündchen frei haben, gröhlend über die Reeperbahn, tragen Freundschaftsbänder ums Handgelenk, der Mallorca-Urlaub war geil, war echt geil. Sangria bis zum Abwinken.

Die Kultursenatorin ist polyglott gebildet. Und das unterscheidet sie vom Fußballfan. Fußball ist ein Proletensport, Männerschweiß fließt in Strömen, Frauenfußball = Trikottausch, hö, hö. Fußball wird in Steilshoop, klingt schon wie Steilvorlage, gespielt, Blankenese hat keinen Fußballverein, in Wellingsbüttel wird die Hockeykugel gestreichelt, das runde Leder nur in Stellingen, im hässlichen Stellingen.

Der Fußballfan liest nur die Zeitung, für die Frau Horakova im Bemühen, auch den Fußballfan zur einer Faust-Inszenierung zu bewegen, ihr „Danas Kulturstück“ publiziert. Der Fußballfan ist blöde, hält Nick Hornby für Weltliteratur. Er kennt nur Horst Frantz, nicht Justus Frantz, Metzelder statt Metzmacher, Kohler statt Kohl. Der Fußball-Fan schreibt Theater ohne th, bei Arena denkt er an AOL und nicht an die Waldbühne. Mailänder Scala? Quatsch. Nebio Scala war doch Trainer bei Parma. Catilina? Catenacchio! Lothar Günter Buchwald.

Frau Horakova wird es nicht schaffen. Das große Ziel war viel zu weit, wie die Sportskameraden von der Münchener Freiheit so passend artikulieren. Der Fußballfan ist nicht resozialisierbar, er ist ein Plebejer, er wühlt mit Vorliebe im Schlamm – „Hamburger Wetter, wir haben Hamburger Wetter“ – , er ist primitiv, dreckig, er kann kein Buch richtig herum halten, seine Hausgötter heißen Christoph Bier(!)mann, eben nicht Georg Philipp Tee(!)lemann. Für den gemeinen Fußballfan ist schon Gerhard Delling ein Vordenker, die Dialoge mit Günter Netzer sind ihm zu hoch. Rolf Töpperwien, o.k., Rolf Liebermann, oh, nee. Was soll das heißen: „We can dance Nobbys Dance, we can dance it in France“? Der Fan versteht nur: „Ihr seid Dresdner, gottverdammte Dresdner, ihr schlaft unter Brücken oder in der Bahnhofsmission.“

Diese Kultursenatorin sollte bei ihren Leisten bleiben, um Bernd Schuster zu zitieren. Wir werden es ja auch nicht schaffen, sie zu einer FC St. Pauli-Inszenierung einzuladen. Muss auch gar nicht sein. Ist ohnehin bis Saisonende ausverkauft. Ich habe fertig. Peter Ahrens