Herrlich kürzen

Sparpläne der CDU-geführten Sozialbehörde: Es trifft vor allem Frauen, AusländerInnen und Opfer sexueller Gewalt  ■ Von Heike Dierbach

„Neue Akzente“ hat Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) ihre Pressemeldung betitelt. Was folgt, ist allerdings ein Progamm, das es lediglich anderen Senatoren (Inneres, Justiz, Verkehr) ermöglichen soll, eben diese zu setzen. Schnieber-Jastram muss vor allem eines: Sparen. Darunter leiden müssen Frauen, AusländerInnen und Opfer sexueller Gewalt.

Rund drei Millionen Euro muss Schnieber-Jastram einsparen im Vergleich zu dem Haushaltsplan des altes Senates. Diese Summe wird allerdings nicht gleichmäßig auf alle Bereiche verteilt. Am dramatischsten ist der Einschnitt bei fünf Frauenberatungsstellen, die von bisher jährlich 970.000 Euro Förderung 375.000 verlieren. „Ich weiß nicht, warum man eine Beratung speziell für Frauen braucht“, begründet Schnieber-Jastram. Schwerpunkt sei künftig Hilfe für Frauen, die Kinder großziehen. Welche fünf Beratungsstellen betroffen sind, verrät die Senatorin noch nicht. Höchtswahrscheinlich sind aber die vier Beratungsstellen der „BIFF“ (Beratung und Information für Frauen) dabei. Brigitte Behrendt von der BIFF Winterhude ist entsetzt: „Wir haben jährlich 1000 bis 1500 Beratungen. Der Bedarf steigt kontinuierlich. Wir könnten eher noch expandieren.“ Die Notwendigkeit von Frauenberatung generell in Frage zu stellen, sei „ein Rückschritt um 30 Jahre. Solche Argumente gerade von einer Senatorin zu hören, ist schon besonders bitter.“

Gekürzt werden soll auch bei den Beratungsstellen für Opfer sexueller Gewalt. Hier bezweifelt Schnieber-Jastram allerdings nicht deren Notwendigkeit, im Gegenteil: Sie geht davon aus, dass es die Beratungsstellen schaffen, durch „Synergieeffekte“ künftig mit zehn Prozent weniger Geld mehr zu leisten. Für Monika Borek von „Allerleirauh“ eine Illusion: „Wir würden die Beratung auf jeden Fall einschränken müssen.“ Das Gleiche gilt für den Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen, der bereits im vorigen Jahr so überlastet war, dass er keine neuen Frauen annehmen konnte. „Wir sind für die Stadt ohnehin schon billig“, sagt Mitarbeiterin Gudrun Ortmann: „Die Sparpläne sind eine Verhöhnung der Opfer von Kapitalverbrechen.“ Die Schill-Partei, die im Wahlkampf einen besseren Opferschutz versprochen hatte, billigt die Kürzungen. Die jugendpolitische Sprecherin Karina Weber: „Es gibt ja auch andere Vereine, die Hilfe anbieten.“

Der zweite große Sparangriff trifft die AusländerInnen. Ihre Vereine und Begegnungsstätten müssen mit knapp 20 Prozent weniger Geld auskommen. „Wir wollen weg von der Fürsorgementalität“, sagt Schnieber-Jastram, den Ausländern werde „zugetraut“, Beratungen selber zu finanzieren. Gekürzt werden auch die Zuwendungen für Verbände, die Flüchtlinge beraten und betreuen. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen hofft die Behörde Mittel zu sparen, „weil ja jetzt schneller abgeschoben wird“, so Sprecherin Anika Wichert. Dafür sollen die übrigen schneller in eigene Wohnungen vermittelt werden.