Lachende Dritte: Die Milka-Kuh

■ Bausenatorin schiebt schwarzen Peter Denkmalschutz zu

„Hinterher ist man immer schlauer als vorher“ – „Ein Rathaus ohne Plane ist allemal schöner als eines mit“ – „Wenn man die Renovierung im November begonnen hätte, hätte man auch das Gerüst schon im November gebraucht“.

Bausenatorin Tine Wischer reagierte gestern auf eine Frage der grünen Bürgerschaftsfraktion nach der Verzögerung des Renovierungs-beginns der Rathaus-Südfassade. Seit Ende September ist sie eingerüstet, doch erst Anfang dieser Woche packte der erste Steinmetz sein Werkzeug aus. Die Bausenatorin ließ den schwarzen Peter nicht im eigenen Haus, sondern verwies auf die besonderen Ansprüche des alten Gebäudes: „Der Beginn der Baumaßnahmen verzögerte sich aufgrund der besonderen denkmalpflegerischen Anforderungen.“ Die allerdings sind alles andere als neu. Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki stellt klar: „Alle Voruntersuchungen waren mit einem beweglichen Kleingerüst möglich und bereits Ende 2000 abgeschlossen. Die Gesamteinrüstung des Rathauses samt Plane war ausschließlich für die tatsächlichen Sanierungsarbeiten erforderlich.“

Also doch: Planungschaos in der Baubehörde, offenbar gab es keine genaue Zeitplanung für Ausschreibung und Arbeiten. Auch Wischers gestrige Beteuerung, der Endtermin (Ende November 2002) habe sich durch die dreieinhalbmonatige Verzögerung nicht nach hinten verschoben, illustriert das deutlich.

Außerdem wird die Priorität immer klarer, die man den Werbeinteressen von Kraft Foods („Milka“) einräumt. Schon durch die ursprünglichen Zeitplanung – Renovierungsbeginn im November – waren mehrere Wochen vorgesehen, die das Gerüst ausschließlich als Werbefläche zu dienen hatte. Die Bremer Marketing Gesellschaft (BMG) hatte Kraft Foods die zentrale Werbefläche für einen Pauschalpreis von 100.000 Mark überlassen. Marktübliche Konditionen hätten den Preis in etwa verzwanzigfacht (die taz berichtete).

Fazit: Die Milka-Kuh regiert den Marktplatz fast vier Monate länger als von der Sache her begründet, und keiner der Verantwortlichen gesteht es ein. Henning Bleyl