Fällt der letzte Vorhang für Hair?

■ Hinweise auf eine Abschiedsvostellung am Samstag / Goethe-Theater als möglicher Zwischenmieter / Musical-Debatte in der Bürgerschaft: Grüne und SPD wollen Verträge sehen

„Ich freue mich, die Aktion ist gut gelaufen“, erklärte der Musical-Geschäftsführer René Meyer-Brede der taz. Am Mittwoch hatte die Bild einen Coupon abgedruckt mit dem Hinweis, die ersten 600 Leute, die mit Coupon am Richtweg vorbeikämen, bekämen zwei Freikarten für die Vorstellung am Samstag um 14 Uhr. Zurzeit sieht man in der Stadt fast keine andere Werbung als eben die: „Hair jetzt umsonst“ – und das gibt dieser Werbeaktion den Touch von einer Abschiedsvorstellung, bei der dem Ensemble noch einmal ein voller Saal gegönnt wird. Auch wenn die Samstag-Karten kein Geld in die Kasse spülen.

Und die dürfte leer sein. Die Idee des Geschäftsführers, mit einem Lohnverzicht der Belegschaft das im Januar drohende Defizit zu vermindern, ist bei der Belegschaft nicht auf Zustimmung gestoßen. „Es gab Gespräche“, sagt Meyer-Brede, aber kein Ergebnis. Bis jetzt sind auch die Januar-Löhne nicht gezahlt worden. Über die Frage, ob es sein kann, dass der Gang zum Amtsgericht schon sehr bald ansteht, will Meyer-Brede verständlicherweise nicht plaudern. „Wir werden es veröffentlichen, wenn eine Entscheidung getroffen ist.“ Am vergangenen Dienstag berichtete die FAZ über die Musical-Pleiten. „Diesmal sollte ausgerechnet das ausgepowerte Hair, das inzwischen jede bulgarische Provinzbühne spielt, das Ruder herumreißen“ wundert sich das Blatt und fragt, wie ernsthaft jemand glauben konnte, damit einen ramponierten Musical-Standort retten zu können. Der Betriebsrat sehe die Insolvenz „auf das Musicaltheater zu rollen“, heißt es in dem Artikel, der Überlegungen kolportiert, wie man das Desaster des teuren Hauses zumindest über die nächsten Wahlen retten könnte: Ein halbes, vielleicht auch ein Jahr lang könnte das Bremer Theater am Richtweg Quartier nehmen, wenn es am Goetheplatz zu umfangreichen Umbau-Arbeiten kommt. In der Summe des Umbaus würde der verlorene Zuschuss zu der Richtweg-Immobilie von 4,4 Millionen Mark pro Jahr (bis zum Jahr 2017) ein paar Monate in der Umbausumme verschwinden können. Auch die „Hanseatische Veranstaltungsgesellschaft“ (HVG), die die Musical-Immobilie für den Wirtschaftssenator umgebaut hat, hält eine Zwischen-Nutzung durch das Theater für eine „sehr gute Lösung.“ Plötzlich hat auch Wirtschaftssenator Hattig (CDU) Interesse, dass Geld für den Theater-Umbau zur Verfügung gestellt wird.

Immerhin könnte die schlechte Nachricht vom Ende des Musical-Standortes Bremen von einer guten überlagert werden: Bremen macht sein Theater schöner. Und alle, die weiter übers Musical-Desaster reden, werden die Spielverderber sein.

Spielverderber waren bei der gestrigen Debatte in der Bürgerschaft nicht nur die Grünen. Sie sprachen von einer „langen schmerzlichen Geschichte des Misserfolgs“ in Sachen Musical und wollten von Wirtschaftssenator Hattig (CDU) wissen, ob auch der mit dem Musical verbundene Verkauf der städtischen Anteile des Ticket-Service Centers ein solch schmerzliches Kapitel sei. Die Anteile wurden dem Unternehmer Klaus-Peter Schulenberg (KPS) zu einem „Schnäppchenpreis“, so die Fraktionsvorsitzende der Grünen Helga Trüpel, überlassen, wenn KPS sich gleichzeitig ums Musical kümmere. KPS aber ist mittlerweile aus dem Musical ausgestiegen und will auch den Preis fürs TSC nicht bezahlen. Auch die SPD wollte vom CDU-Senator wissen, ob etwa Preisabschläge verhandelt werden. Hattig sagte, man sei in die rechtliche Auseinandersetzung eingetreten. Schulenberg zu dem Vorwurf, er wolle jetzt nicht zahlen: Die ihm von der HVG überlassenen „Daten über die Ertragskraft des TSC“, auf deren Grundlage er die Bewertung vorgenommen habe seien „signifikant falsch“ gewesen. Ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer gehe die sache nun noch einmal durch. Seinem Urteil will sich Schulenberg in jedem Fall beugen. K.W./hey