London will Taliban

Großbritannien verlangt von den USA die Auslieferung aller britischen Taliban. Prozess gegen US-Taliban Lindh beginnt. China verspricht Hilfe

LONDON/KABUL afp/ap/rtr ■ London will die auf dem US-Stützpunkt Guantánamo in Kuba gefangen gehaltenen britischen Staatsangehörigen in Großbritannien vor Gericht stellen. Der britische Außenminister Jack Straw sagte gestern in einem Interview, es sei „bei weitem vorzuziehen“, dass die in Afghanistan gefassten Kämpfer mit britischen Pässen vor ein britisches Gericht gestellt würden. Im Gegensatz zu den USA lehnt Großbritannien die Todesstrafe ab.

Unbeeindruckt von internationaler Kritik haben die USA mit der Vernehmung ihrer Gefangenen aus Afghanistan begonnen. Gewisse Gefangene auf dem Militärstützpunkt Guantánamo auf Kuba würden „befragt“, aber noch nicht verhört, betonte der für den Stützpunkt zuständige General Michael Lehnert gestern. Die Befragten haben weiterhin keinen Anspruch auf einen Rechtsbeistand. Dies sei zurzeit nicht „angebracht“, sagte Lehnert. Der Transport weiterer afghanischer Häftlinge nach Kuba wurde vorerst ausgesetzt. Als Grund wurde Platzmangel angegeben. Nach wie vor bezeichnen die Amerikaner die in Guantánamo Inhaftierten als „unrechtmäßige Kämpfer“ und verwehren ihnen den Status als Kriegsgefangene.

In Alexandria im US-Bundesstaat Virginia wurde gestern die Anklageschrift gegen den US-Taliban-Kämpfer John Walker Lindh verlesen. Der 20-Jährige wurde vom FBI aus Afghanistan in die Heimat gebracht. Sollte er schuldig gesprochen werden, droht ihm lebenslängliche Haft. Lindh konvertierte im Alter von 16 Jahren zum Islam. Er soll in einem Stützpunkt der Al-Qaida-Organisation ausgebildet worden sein. Im November wurde Lindh von Kämpfern der afghanischen Anti-Taliban-Allianz festgenommen.

In Kabul steht mittlerweile das 21-köpfige Komitee zur Einberufung einer großen Ratsversammlung in Afghanistan fest. UN-Generalsekretär Kofi Annan werde die Zusammensetzung des Komitees bei seinem heutigen Besuch in Kabul bekannt geben, sagte gestern ein UN-Mitarbeiter. Die Ratsversammlung soll eine neue Übergangsregierung für 18 weitere Monate benennen.

In China erhielt unterdessen der afghanische Regierungschef Hamid Karsai von Staatschef Jiang Zemin die Zusage, dass die Volksrepublik beim Wiederaufbau Afghanistans mit 165 Millionen Euro helfen wolle.