Kate Millett

Sie stamme vom Fluss, sagt sie, und damit ist der Mississippi gemeint. Musik, Takt, Rhythmus und Wärme, jede Menge Wärme. Katherine Murray Millet, deren Familie aus Irland stammt, wurde am 14. September 1934 in St. Paul, Minnesota, geboren. Milletts Vater war als Ingenieur in den Südstaaten beschäftigt. Er verließ die Familie, als sie vierzehn war. Die Mutter brachte ihr Courage bei, ein Erziehungsideal hieß: „Nie Angst haben!“

An der University of Minnesota erwarb Millett 1956 einen B.A. Magna cum Laude und schloss zwei Jahre später ein Postgraduiertenstudium im englischen Oxford mit „1[st]class honors“ in Englischer Literatur ab. 1970 wurde sie mit ihrer an der Columbia University vorgelegten Dissertation „Sexus und Herrschaft“ (Sexual Politics) zur Startheoretikerin der Women’s Liberation-Bewegung. Das Buch wurde auf Anhieb ein Bestseller und erlebte in den USA sechs Neuauflagen in zwei Monaten.

Neben ihrer akademischen Lehrtätigkeit wandte sich Millett der Malerei und Bildhauerei zu, die sie von 1961 bis 1963 in Tokio studierte. Dort lernte sie ihren späteren Mann kennen, den Bildhauer Fumio Yoshimura. Ihre Ehe beschreibt sie als zehnjähriges Glück. Als Künstlerin machte sie in dieser Zeit vor allem mit Möbeln im Stil der Pop Art auf sich aufmerksam.

Kate Millett vereint viele Berufe in ihrer Person. Künstlerin, Bildhauerin, Fluxus-Frau (mit Yoko Ono verbindet sie eine vierzigjährige Freundschaft), Schriftstellerin, Menschenrechtskämpferin. Mit Angela Davis teilt sie bis heute das politische Engagement für die Dritte und Vierte Welt; als Davis die Verurteilung zum Tode drohte, kämpfte Millett gegen die Todesstrafe – nicht nur in den USA. Seit vorigem Jahr besitzt Kate Millett den Status einer UN-Delegierten für geistig und körperlich Behinderte (für die UN wollte sie immer arbeiten; sie zeigt mir lachend den unbefristeten UN-Ausweis). Und heute? „I am a farmer.“

Kate Millett betont an sich den kleinen Mund, die kurzen Beine. Telefonieren an öffentlichen Telefonzellen macht ihr daher keinen Spaß. Sie kann schimpfen wie ein Müllkutscher, ist empfindlich wie eine Mimose und geht an keiner Blume vorbei, ohne Vertrocknetes zu zupfen. Besonders fällt an ihr auf, wie konzentriert sie zuhören kann.

Weitere Bücher von Kate Millett: „The Prostitution Papers“ (1973), „Flying“ (1974), „Sita“ (1977), „The Basement“ (1979), „Going to Iran“ (1982). In der autobiografischen Reportage The Loony Bin Trip (deutsch: „Der Klapsmühlentrip“, 1993) von 1990 verarbeitete Millett ihren Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt, in die sie 1973 auf Betreiben von Verwandten und einer Freundin eingewiesen worden war. Gerade ist von ihr „Mother Millett“ erschienen. Auf Deutsch sind Kate Milletts Werke nur noch antiquarisch erhältlich.