■ Rosi Rolands Bremer Klatschgeschichten
: Fotokopie nur auf Antrag

Der technische Fortschritt ist eine Dampfwalze. Richtig liebenswert wird das Leben oft durch die Reste der guten alten Zeit, die nicht platt gewalzt wurden. Zum Beispiel die fest angestellten Putzfrauen, die nicht hektisch auf die Uhr schauen, wenn einer der Herren mal wieder ein Schwatzchen halten will.

Letztens kam ich in die Handelsregister-Abteilung des Amtsgerichtes, um mal nachzusehen, wem die ach so modernen privaten Putzfrauenfirmen eigentlich gehören. Wer daran verdient. Die Registerauszüge waren schon ganz interessant und verwirrend. Ich fragte also, ob ich zwei, drei Auszüge fotokopieren könnte. „Fotokopieren?“, lachte die Kollegin vom Amtsgericht. Das war einmal. „Hier stand einmal ein Fotokopierapparat, an den jeder einfach drangehen konnte. Aber ihren Besen darf doch auch nicht jeder so einfach aus dem Besenschrank nehmen. Das würde Sie ja arbeitslos machen, am Ende.“

Kurz: Der Kopierer ist weggeschlossen worden, in irgend ein Hinterzimmer, wo Unbefugte nicht mehr dran kommen.

Das moderne Gerät war ganz einfach gegen das alte Gesetz. „Einfache Abschriften“ aus dem Handelsregister kosten 20 Mark, steht in der Gerichtskostenordnung. Und was sollen Kopien anderes sein als „Abschriften“ im Sinne des Gesetzes?

Anstelle des Kopierers liegt jetzt also im Handelsregister ein Stapel Formulare: „Amtsgericht Bremen. Registergericht“ steht da drauf, „Antrag auf Erteilung eines Registerauszuges“. Da wird alles fein säuberlich eingetragen, Stempel drauf. Und: „Bitte pro Antrag nur eine Registernummer eintragen.“ Wer also zwei Kopien haben will, kann zwei Anträge ausfüllen. Logisch. Mit diesem Antrag geht die Kollegin dann zum Fotokopierer, der in einem internen Verwaltungszimmer steht. Die Fotokopie eines „unbeglaubigten Registerauszuges“ kostet jetzt 20 Mark, wie es im Gesetz steh, unsere Arbeitskraft ist ja auch nicht umsonst. Der Beglaubigungs-Stempel kostet noch einmal 15 Mark zusätzlich.

Das Formular hat einen Hauch von 19. Jahrhundert, den ich nur aus der DDR noch kenne. Richtig schön ist das, die gute alte Zeit. Stellen Sie sich einmal vor, die hemmungslosen Modernisierer würden das Handelsregister „im Internet zugänglich machen“ rund um die Uhr. Die guten alten Öffnungszeiten acht bis zwölf Uhr entfielen, die „Anträge auf Erteilung eines Registerauszuges“ dürfen ver-stauben, die Putzfrauen wären uberflüssig – unvorstellbar, findet Ihre

Rosi Roland