Sylt liegt im ersten Stock

■ ZKH Links der Weser mutiert zum Gesundheitszentrum: Reha, Herzkatheterlabore, Vier-Sterne-Hotel und Seminarräume unter einem Dach im Problemstadtteil Kattenturm

Auf Sylt gibt es 58 Betten, die Wände sind in einem freundlichen Hellgelb gehalten, und auf den Fluren liegt ein besonders schalldämpfender Teppich. Sylt liegt im ersten Stock im Zentralkrankenhaus (ZKH) Links der Weser und ist der Name einer Station.

Dort weihte gestern eine Mischung aus dunklen Anzügen und Kostümen, grasgrün gewandeten HeldInnen der Chirurgie, zerknautscht-überarbeiteten Weißkitteln und Verwaltungsangestellten in Zivil den neuen Krankenhaus-Anbau ein, inklusive Sylt.

Peter Stremmel, stolzer Verwaltungsdirektor des Kankenhauses, sieht in dem Anbau mehr als nur dazugewonnene Quadratmeter: „Das LdW wird zu einem medizinischen Kompetenzcenter.“ Der strahlend weiße, 16 Millionen Euro teure Gebäudekomplex beherbergt das „RehaZentrum Bremen“ und drei neu eingerichtete Herzkatheterlabore, ein Tagungshotel und eben die „Station Sylt“. Bei der handelt es sich im Prinzip um eine komfortabler ausgestattete Krankenhausstation. Die Kassen übernehmen die höheren Kosten für einen „Sylt“-Aufenthalt allerdings nicht.

Über die blumige Namensgebung, die noch ausgeweitet werden soll, sind nicht alle erfreut: Das Krankenhauspersonals ist an einem so hochtechnisierten und durchorganisierten Arbeitsplatz vor allem auf eine schnelle Orientierung angewiesen. „Sylt“ statt „Urologie“ ist zum Beispiel nicht eindeutig genug.

Das eingegliederte RehaZentrum arbeitet ambulant. Oft ist für eine Reha-Behandlung kein stationärer Aufenthalt nötig, die PatientInnen müssen nicht zur Kur in den Schwarzwald oder nach Ostwestfalen, sondern bleiben in ihrer vertrauten Umgebung, haben allerdings tägliche Wege zu den Reha-Anwendungen. Aber auch hier der Haken: Ins RehaZentrum kommt man nicht auf Rezept.

Bislang einmalig in Deutschland ist die Kombination von Krankenhaus und Hotel: Das im Anbau untergebrachte, unabhängig bewirtschaftete Hotel „Visit“ nimmt am Sonntag seine ersten Gäste in Empfang. Für das Fortbildungs- und Kongress-Publikum bietet es sechs Seminarräume unter der hochtrabenden Bezeichnung „Visit Academy“. Die „Akademie“ will das Krankenhaus selbst auch für Fortbildungen nutzen. Ansonsten zielt das Hotel auf die Angehörigen der PatientInnen als Gäste. Für Eltern, die ihre Kleinen in der Kinderklinik auch über Nacht nah sein wollen, gewährt das Hotel sogar ermäßigte Tarife. Wie die Nobelherberge zu Kattenturm passt, muss sich noch herausstellen.

Verwaltungsdirektor Stremmel hat allerdings ein anderes Problem: Die weiße Fassade des Neubaus. „Wenn sich hier der erste Graffiti-Künstler verewigt hat, schicke ich die Rechnung an den Architekten.“ Der hatte versucht, Stremmel davon zu überzeugen, wie schön das Weiß sei.

Hintergrund des Krankenhauskonzepts: Auf Druck der Krankenkassen geht die Dauer und die Zahl der stationären Krankenhausaufenthalte zurück. Die Medizin ermöglicht mittlerweile viele Behandlungen auch ambulant, für die man sich noch vor ein paar Jahren mehrere Tage lang in die Pflegebetten begeben musste. Da die Krankenhäuser nur noch Pauschalen für ihre Eingriffe bekommen, teilen auch diese das Interesse der Kassen an einer kurzen Verweildauer der PatientInnen.

Ulrike Bendrat

Tag der offenen Tür: Heute, 14-18 Uhr im Zentralkrankenhaus Links der Weser,Senator-Weßling-Str1