das mädchen, das mit den tieren spricht

Bis zu ihrem achten Lebensjahr hatte Tippi Degré ganz besondere Freunde. Elefanten, Leoparden und Affen waren ständige Begleiter des 1990 in Windhoek, Namibia, geborenen Mädchens. Mit seinen Eltern, dem französischen Fotografenpaar Sylvie und Alain Degré, lebte es ohne festen Wohnsitz in der freien Natur der großen Tierschutzgebiete Namibias und Botswanas. In unzähligen Bildern haben die Degrés Tippis Kindheit unter Tieren festgehalten.

Die 120 schönsten Fotos wählten sie für einen Bildband aus, der vor zwei Jahren in Frankreich großes Aufsehen erregte. 2001 wurde „Tippi aus Afrika“ ins Deutsche übersetzt und ist im Ullstein Verlag erschienen. Begleitet von Texten, die Tippi selbst verfasst hat, geben die Aufnahmen dem Betrachter einen einmaligen Eindruck vom Leben eines Kindes in freier Natur.

Tippis bester Freund in Namibia ist der Elefant Abu. „Abu ist wundervoll, er ist mein Bruder, mein Freund. Ich weiß nicht, ob es sonst noch einen Ort gibt, an dem ich mich so wohl fühle, wie wenn ich hinter seinem Kopf sitze, die Beine in seine Ohren geklemmt.“ Obwohl Abu fünf Tonnen wiegt, hat er Tippi noch nie wehgetan.

Auch die Begegnungen mit dem Himba-Stamm haben die Degrés in Bildern festgehalten. Einmal sitzt Tippi in einem riesigen Affenbrotbaum, ein junger Himba hält Wache. Zu dieser Zeit trägt sie nur Lederschurz und Amulett – wie die Himbakinder. Mit ihrem langen blonden Haar wirkt sie zwischen den Bewohnern der Wüste wie ein Albino. „Oft sagt man, ich bin die kleine Schwester von Mowgli. Das gefällt mir, denn Mowgli ist wild“, kommentiert Tippi, die mittlerweile in Paris lebt.

Das Fehlen der Angst vor wilden Tieren und die Gabe, sich mit den Tieren zu verständigen, geben Tippi immer wieder die Möglichkeit zu ganz besonderen Begegnungen. Ihr Geheimnis: „Ich spreche mit meinem Kopf mit ihnen, mit meinem Herzen, mit meiner Seele, und ich sehe, dass sie mich verstehen und mir antworten.“

Sehr wertvoll wird diese Gabe, als sie einmal einen kleinen Jungen aus den Klauen eines befreundeten Leoparden befreit. „Irgendjemand musste J&B befehlen, dass er aufhört. Ich stellte mich vor ihn und sagte „J&B, stop it!“ Daraufhin setzte er sich hin und gab auf.“ Traurig erzählt sie weiter, dass der Leopard nach diesem Vorfall eingesperrt wurde. „J&B war eigentlich ganz lieb, und wir hatten ihn wirklich sehr, sehr gern“. Wenn man dazu das Foto betrachtet, auf dem Tippi dem Leoparden den Kopf streichelt, mag man das sofort glauben. CHRISTINE BERGER

„Tippi aus Afrika – Das Mädchen, das mit den Tieren spricht“. Fotografien von Sylvie und Alain Degré. Ullstein Verlag 2001, 22 €

FOTO: BILDBAND