Brosamen für die Naturskeptiker

Mit kleinen Zugeständnissen an Rheinland-Pfalz und Niedersachsen bringt die Bundesregierung ihr Naturschutzgesetz offenbar durch den Vermittlungsausschuss. Mecklenburg-Vorpommern bleibt mit Initiative gegen die Verbandsklage erfolglos

aus Berlin MATTHIAS URBACH

Jürgen Trittin ist auf bestem Wege, seine Naturschutznovelle ohne große Einbußen durch den Vermittlungsausschuss zu bringen. Drei sozialdemokratischgeführte Bundesländer hatten die Novelle vor einem Monat ins Vermittlungsverfahren gezwungen. Niedersachsen gingen die Auflagen für die Landschaftsplanung zu weit, Rheinland-Pfalz wollte die Pestizidsprühereien seiner kleinen Winzer nicht allzu genau untersucht wissen und Mecklenburg-Vorpommern bangt wegen der geplanten Einführung der Verbandsklage um einige seiner naturzerstörerisch angelegten Verkehrsprojekte.

Seit zwei Wochen versucht Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), die Länder zurück auf seine Seite zu ziehen: In einem Treffen vor zwei Wochen bot er den Ländern jeweils sein Entgegenkommen an. Niedersachsen stimmte am Anfang der Woche zu. Und auch mit mit Rheinland-Pfalz steht eine Einigung offenbar kurz bevor. Dies erfuhr die taz aus Regierungskreisen.

Der niedersächsischen SPD-Regierung war die Pflicht zur kompletten Landschaftsplanung zuviel. Noch fehlen in dem Bundesland rund ein Dutzend solcher Pläne, jeder kostet gut 100.000 Mark. Trittin bot an, dass die Pläne nicht sofort erstellt werden müssen, sondern erst dann, wenn auf den betreffenden Flächen größere Bauprojekte geplant seien. Niedersachsen ist damit zufrieden.

Rheinland-Pfalz sorgt sich hingegen um seine kleinen Winzer. Nach der bisherigen Fassung der Novelle müssten auch diese eine so genannte „schlagspezifische Dokumentation“ anlegen, in der die Mengen an eingesetztem Dünger und Pestizid genau notiert werden. Gerade die Kleinen haben aber Probleme damit und neigen auch schon mal zu einem nicht fachgerechten Einsatz der umweltschädlichen Mittel.

Nun bot Trittin der rotgelben Koalition in Rheinland-Pfalz an, die Nebenerwerbswinzer, die vielleicht ein paar Hektar oder weniger bewirtschaften, von der Buchpflicht auszunehmen. Außerdem bot Trittin an, die Bücher könnten auch vom Wein- und Agrarminister kontrolliert werden, anstatt von der Umweltministerin, der die Winzer wohl nicht trauen. Die Aussichten auf einen Kompromiss sind offenbar sehr gut. Gestern Vormittag machte Trittin noch einmal ein Angebot für die maximale Betriebsgröße, die befreit werden soll. Eine Antwort aus Rheinland-Pflaz lag bis Redaktionsschluss nicht vor.

Hat Trittin die beiden erst auf seiner Seite, kann er die Regierung in Mecklenburg-Vorpommern getrost ignorieren. Der gingen Trittins Angebote bislang nicht weit genug. Die rot-rote Koalition dort stellt aber auch die am schwersten zu erfüllende Forderung. Sie will das neue Verbandsklagerecht nicht akzeptieren. SPD und PDS an der Küste sorgen sich um einige Verkehrsprojekte wie die Ostseeautobahn A 20, die an einigen Stellen nicht so geplant sind, wie es der Naturschutz eigentlich verlangt.

Die regionalen Umweltverbände warten bereits auf ihre Chance, endlich dagegen zu klagen. Das Umweltministerium hatte eine Übergangsfrist für Mecklenburg-Vorpommern bis 2006 für solche Projekte angeboten, die nach dem Beschleunigungsgesetz geplant worden sind. SPD-Ministerpräsident Harald Ringstorff lehnte ab. Doch wenn Niedersachsen und Rheinland-Pfalz nun am kommenden Dienstag im Vermittlungsausschuss zustimmen, reicht es, um die Blockade des Bundesrates zu überwinden.

Die Begehren aus Mecklenburg-Vorpommern verärgern vor allem die Grünen. Die fragen sich, warum die PDS nicht gegen Ringstorff die Koalitionskarte zieht und ein Veto gegen die Blockade im Bundesrat einlegt. „Erst fordert die PDS im Bundesrat groß eine Verschärfung der Naturschutznovelle von Trittin“, schimpft Schleswig-Holsteins Umweltminister Klaus Müller (Grüne), „und dann ziehen sie im Land dagegen zu Felde“.

Trotz der Fortschritte ist sich Klaus Müller nicht sicher, ob im Vermittlungsausschuss alles glatt durchgehen wird. „Bis Dienstag wird da noch viel telefoniert werden müssen.“