Nichts als Ärger aus dem All

ARD-Chefs sorgen sich um die WM, kleine Sender freuen sich, Günter Struve plaudert

Wo zehn Intendanten zusammentreffen, sollten Gewerkschafter ihre Chancen nutzen. Zur Tagung der ARD-Häuptlinge in Bremen waren Delegationen fast aller Anstalten angereist, um für die von der Kürzung des ARD-Finanzausgleichs besonders betroffenen kleinen Sender Radio Bremen (RB) und Saarländischer Rundfunk (SR) zu demonstrieren. Auch DGB-Chef Dieter Schulte war gekommen, um sich für die Kleinen stark zu machen.

Bei RB sind von einstmals 680 Stellen bereits 150 abgebaut. Weitere 150 müssen folgen, damit der Sender ab 2006 mit zwei Dritteln seines bisherigen Etats klar kommt. Beim SR wird der Finanzausgleich bis 2005 um die Hälfte auf 47,5 Millionen Mark gekürzt – was immerhin noch ein Fünftel des Haushalts ausmacht. Der Sender muss von derzeit 724 Stellen auf 600 reduzieren. Jetzt hat ARD-Vorsitzender Fritz Pleitgen versprochen, sich des Problems anzunehmen; die Intendanten der beiden Häuser sollen Vorschläge machen.

Die ARD hat aber noch mehr Probleme. Zum Beispiel das tückische Astra-Signal. Der gemeine Satellit ist für die Besitzer von digitalen Satellitenempfängern zuständig, die ab Ende Mai die WM-Übertragungen sehen wollen – es aber wohl nicht können. Grund: ARD und ZDF haben von Kirch die deutschen Übertragungsrechte für rund 250 Millionen Mark gekauft, doch die beißen sich jetzt mit den von Kirch nach Spanien verkauften.

Der dortige Rechteinhaber, der Pay-TV-Sender Via Digital, sieht sein exklusives Vermarktungsrecht durch das in Spanien frei empfangbare Astra-Signal bedroht. Also soll’s das auch in Deutschland nicht geben – andernfalls drohen die Spanier Kirch mit einer Millionenklage. Daran ist im Dezember bereits die Live-Übertragung der WM-Auslosung in Deutschlands digitale Satellitenhaushalte gescheitert.

Pleitgen erklärte, Kirchs Haltung sei nachvollziehbar. Man befinde sich in einem „sehr vernünftigen Gespräch“ mit dem Medienmogul, der von Via Digital „in unziemlicher Weise“ unter Druck gesetzt würde. Nach ARD-Schätzungen können höchstens 50.000 Spanier das Astra-Signal empfangen. Selbstkritik war nicht zu hören. Dabei hätten die eigenen Fachleute die Kirch’sche Vertragspanne durchaus entdecken können. Dafür wetterte Pleitgen gegen die um sich greifende „Verschlüsselungsmanie“ und den zunehmenden Verkauf parzellierter Rechte und kündigte Initiativen auf europäischer Ebene an.

Pirouetten gab’s auch in Sachen ZDF-Intendanz – von ARD-Programmdirektor Günter Struve. Seit dem ersten erfolglosen Mainzer Wahlversuch wird er als Kompromisskandidat gehandelt, ohne dass er sich je konkret zu seiner Bereitschaft geäußert hätte. In Bremen verwies Struve auf seine im Dezember abgeschlossene vorzeitige Vertragsverlängerung um zwei Jahre (bis 2005) und kokettierte ausgiebig mit seiner Unaufdringlichkeit: „Beim letzten Wahlgang war ich nicht in Mainz und hatte und habe auch sonst keinen Kontakt zu den Fernsehratsmitgliedern.“ Willste was gelten, mach dich selten. Machste dich rar, stellste was dar. Struve ans ZDF abzugeben, würde der ARD sicherlich schwer fallen. HENNING BLEYL