München demofrei

OB Ude will Krawall vermeiden und riskiert Krach: Er will Demos gegen Sicherheitsgipfel verbieten. Veranstalter kündigen Klage dagegen an

MÜNCHEN taz ■ Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude will sämtliche Demos gegen die internationale Konferenz für Sicherheitspolitik an diesem Wochenende verbieten. Gegen diesen Präzedenzfall protestieren die Veranstalter der vier Demos, von der globalisierungskritischen Initiative Attac bis zum Friedensbündnis. „Ein solches tagelange Verbot für die ganze Stadt hat es in Deutschland noch nie gegeben“, klagte die Rechtsanwältin Angelika Lex gestern. Sie wird heute das Münchner Verwaltungsgericht anrufen, um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit durchzusetzen.

Claus Schreer vom Bündnis gegen die Nato-Sicherheitskonferenz gibt sich optimistisch: „Wir gehen davon aus, dass das Gericht die Verhängung des Ausnahmezustands für das gesamte Stadtgebiet nicht zulassen wird.“ Die aus ganz Europa erwarteten 5.000 Demonstranten sollten so oder so nach München kommen.

Die Kehrtwende der Stadtverwaltung hin zum vollständigen Demoverbot veranlasste der Verfassungsschutz. Er rechnet laut Polizei mit „bis zu 3.000 gewaltbereiten Teilnehmern“ und „hohen Schäden, zumindest an Sachgütern“. Schreer hält dagegen: „Es kommen nur 200 Gewalttäter nach München, und die kommen in das Hotel Bayerischer Hof.“ Er meint die Politiker aus 43 Staaten, darunter Nato-Generalsekretär George Robertson und den EU-Beauftragten für Außenpolitik, Javier Solana, sowie Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber.

Schuld am geplanten Demoverbot sind nach Ansicht der Veranstalter die CSU-Politiker Günther Beckstein und Stoiber mit „ihrer Erfindung von Gewalttätern“. „Damit zeigt sich, in welcher Weise Kanzlerkandidat Edmund Stoiber regieren will“, erklärt Schreer. Das Bündnis reagiert auf die „ungeahnte Eskalation“ mit einem Protestzug heute um 17 Uhr vom Marienplatz zum Innenministerium. Übrig bleiben den Aktivisten noch die beiden Veranstaltungen von Aktivisten am Samstagabend in der Kreuzkirche und im Gewerkschaftshaus. OLIVER HINZ