Heilig wieder im Himmel

■ „Zwischen Himmel und Erde“: Karl-Heinz Heiligs neuer Film über Glückliche

In Heggelbach am Bodensee, da gibt es einen Biobauern, der macht einen wunderbaren Käse. Die Wiesen sind saftig grün, der Himmel ist tiefblau, der Traktor treckert quer durchs Bild. Neben dem Biokäse leben die Künstler Dorothea Kalb-Brenek und Marcel Kalberer, in harmonischer Nachbarschaft zum alten Bauern Geng. Karl-Heinz Heilig hat wieder zugeschlagen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren hat er das Leben und Schaffen der Künstler dokumentiert: Zu Hause in Heggelbach, beim Weidenbau in Weimar und beim Weiden-Kirchbau in Rostock.

Karl-Heinz Heilig ist unabhängig. Filmförderung? „Filmförderung ist keine Kulturförderung, sondern Wirtschaftsförderung.“ Vorführungen in Kinos? „Selten. Meistens suche ich mir selber Räume und miete die dann an.“ Bürgerhäuser zum Beispiel, oder Jugendzentren oder Hospitze. Verleih? Nein. Karl-Heinz Heilig reist selber durchs Land, prüft die Lage vor Ort und spricht die Leute persönlich an.

Heilig ist allerdings nur auf den ersten Blick ein Einzelkämpfer: Der Oldenburger Filmemacher hat sich ein Netzwerk aus Sympatisanten und Förderern geschaffen. Rund 380 Privatpersonen aus Deutschland, der Schweiz und Italien kauften vorab eine Kopie seines neuen Films, noch ehe die erste Einstellung gedreht war. Pro Kopie nahm Heilig 80.- Euro. Damit konnte er die Sockelfinanzierung von „Zwischen Himmel und Erde – Die Baukunst der Glücklichen“ sichern.

Bei dem Vorgängerfilm „La casa delle favole“ lebte Heilig ein Jahr bei dem Schweizer Walter Bartlomé, der sich in einer abgelegenen Felsenschlucht seinen persönlichen Garten Eden baute. Es wurde ein Dokumentarfilm über die Verwirklichung eines Lebenstraums. Auch damals zahlten 200 Leute mit.

Tun sie's der Sache wegen? Oder ist Heilig der politisch korrekte Meister der verwirklichten Träume? Eines muss man dem studierten Forstwissenschaftler lassen: Er hat sein Thema gefunden. An der Fernuniversität Hagen lehrte er Waldökologie, und er war Mitbegründer des „Zentrums für ökologische Fragen und ganzheitliches Lernen e.V.“. Sein Haus in Oldenburg baute er aus Recycling- und Naturmaterialien selbst. Danach drehte er für den WDR Filme über das „Bauen mit Lehm“ oder über „Bionik“. Irgendwann vergraulten ihn die Quotendebatten mit dem WDR: „An dem System der Marktanteile wollte ich nicht mehr teilhaben.“ Das Quotenproblem regelte Heilig anders: „In Bremen habe ich angefangen mit sieben Zuschauern. Die zweite Vorstellung war völlig ausverkauft. So, wie Heilig das sagt, klingt es wie die wunderbaren Vermehrung der Brote und der Fische.

In „Zwischen Himmel und Erde“ zeigt Heilig Künstler, deren Spezialität die Weidekunst ist: Aus gebündelte Weidenruten bauen sie Skulpturen und Gebäude. Die Weidenbündel werden in die Erde gesteckt und schlagen Wurzeln. Im Laufe der Zeit wachsen sie sich aus zu Naturtempeln.

1998 baute Marcel Kalberer auf diese Weise in der Nähe von Weimar zusammen mit über 300 Menschen einen Weidenpalast. 2001 entstand in Rostock eine wachsende Kirche vom Format 48 x 20 Meter. Leute aus ganz Europa halfen mit. Heilig holte sie vor die Kamera und verzichtet im Film auf Untertitel.

„Meine Arbeiten stellen das, was ich zeigen möchte, in den Mittelpunkt. Ich nehme mich völlig zurück.“ Mit hartem Realismus hat Heiligs Film allerdings gar nichts zu tun: In „Zwischen Himmel und Erde“ ist alles in Ordnung. Die Menschen arbeiten solidarisch zusammen, sie lächeln entspannt und leben im Einklang mit der Natur. Sie akzeptieren einander. Heiligs Botschaft heißt: Toleranz.

85 Minuten heile Welt. Hält man das durch, man wird etwas benommen aus diesem Film kommen. Und man wird sich nicht wundern, dass der Vorgänger „La casa delle favole“ mittlerweile in „Psychologie Heute“ besprochen wird – als Therapieinstrument für mutlose Pessimisten.

Klaus Irler

Filmpremiere plus Rahmenprogramm: Sa im neuen Hörsaalzentrum der Uni OL, So in der Glocke, jeweils 20 Uhr. Karten (35 Euro) gibt es unter Tel.: 0441–998 902 80