BRITISCHEN AL-QAIDA-GEFANGENEN HILFT EINE AUSLIEFERUNG NICHT
: Auch in England ohne Anklage

Drei britische Staatsbürger sitzen in Guantánamo Bay in Kuba ein. London scheint besorgt. Die Käfighaltung in dem US-Konzentrationslager ist etwas, was Premierminister Tony Blair zu stören scheint. Ein Minister hat die Behandlung der Gefangenen in Kuba als „monströs“ bezeichnet. Außenminister Jack Straw und Innenminister David Blunkett sollen erwägen, die Auslieferung der britischen Gefangenen in ihre Heimat zu verlangen.

Aber welche Vorteile hätten die Gefangenen davon? Großbritannien sperrt seine eigenen internationalen Terroristen im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ein. Sieben Islamisten sitzen zur Zeit dort ein. Sie haben zwar ein Dach über dem Kopf, aber sie sehen niemals Tageslicht. Der Zugang zu ihren Anwälten ist sehr schwierig. Die Notstandsgesetze, denen sie unterworfen sind, wurden ohne Debatte durch das Parlament gepeitscht. Die Gefangenen dürfen auf unbestimmte Zeit ohne Anklage festgehalten werden, die Beweise gegen sie bleiben geheim. Einer, Djamel Ajouaou, ist lediglich Übersetzer für andere gewesen, denen terroristische Neigungen vorgeworfen werden. Er zog es vor kurzem vor, seine Familie in London zurückzulassen und lieber in seiner Heimat, in Marokko, ins Gefängnis zu gehen, ein Land, das nicht als Paradies für islamische Gefangene bekannt ist.

Um den Internierungen ein legales Antlitz zu geben, musste Britannien die Europäische Konvention für Menschenrechte und die UN-Charta für Bürgerrechte außer Kraft setzen. Begründung: Das „Überleben der Nation“ sei gefährdet“. Dabei hat das nicht mal die britische Armee behauptet.

Blairs Besorgnis über die Behandlung der Gefangenen in Guantánamo Bay ist wahltaktischer Natur. Wenn die britische Regierung könnte, sie würde es genauso tun. In vieler Hinsicht hat sie die USA bei der Abschaffung der Bürgerrechte im Namen des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus bereits überholt: hinsichtlich der Gefangenenrechte, hinsichtlich der Überwachung von Verdächtigen, hinsichtlich der Weitergabe gerichtlich nicht geprüfter Daten an das FBI. Sie haben es aber ein wenig diskreter getan. RALF SOTSCHECK